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Die Rahmenrichtlinien für die Gesamtverteidigung (RRGV) 2025

Aktuell nimmt die Diskussion um Fragen der zivilen Verteidigung eindeutig an Fahrt auf. Insbesondere angeschoben durch das In-Kraft-Setzen des militärischen Operationsplans Deutschland (OPlan DEU), der, soviel ist trotz Einstufung als Verschlusssache bekannt, zivile Voraussetzungen definiert, die die Bundeswehr und ihre Alliierten brauchen, um ihre Operationsfähigkeit, und -freiheit im Raum zu erreichen bzw. zu erhalten.

Über den Zusammenhang der Gesamtverteidigung
Über den Zusammenhang der Gesamtverteidigung
Bild: KI-generiert

Gesamtverteidigung und der Föderalismus

Das klingt zunächst einmal reichlich theoretisch und natürlich ist dieser Inhalt der Gesamtverteidigung auch in den beiden wesentlich damit befassten Ressorts Innen und Verteidigung entstanden. Das bedeutet aber nicht, dass es die anderen betroffenen Ressorts nicht zu interessieren bräuchte.

Allerdings haben die anderen Ressorts oft ein sehr wesentliches Problem: Sie können sich nämlich anders als das BMVg (Verteidigung nach Außen ist Bundeszuständigkeit) und BMI (Zivilschutz ist ebenfalls Bundeszuständigkeit) nicht auf eine alleinige Zuständigkeit des Bundes berufen. Damit ist ihnen ein ganz wesentliches Gestaltungsinstrument aus der Hand genommen und die Beteiligung der Bundesländer und Kommunen ist etwa im Bereich der Wirtschaft, der Gesundheit oder des Sozialen gesetzt.

Gesamtverteidigung und Gesundheit

Schauen wir uns das im Bereich Gesundheit einmal genauer an: Die RRGV gehen davon aus, dass ein weitgehend auf die Normalversorgung im Frieden ausgerichtetes Gesundheitswesen nur dann den Anforderungen eines plötzlich eintretenden Massenanfalls von Verletzten und Erkrankten gerecht werden kann, wenn die Einrichtungen der Gesundheitsversorgung dem rechtzeitig, bereits im Alltag (im Frieden), Rechnung tragen können.

Wer muss nun an einer Lösung für diese sehr wesentliche Frage zum Schutz der Bevölkerung mitarbeiten? Natürlich der Bund mit seiner Zuständigkeit für die Krankenhausstruktur, die Fachgesellschaften für die Standards, die Krankenkassen für die Finanzierung, die Länder für die Krankenhausinvestitionen und den Rettungsdienst, die Kommunen mit dem Öffentlichen Gesundheitsdienst und natürlich als untere Behörde des Katastrophenschutzes mit der Klammer zum medizinischen Ehrenamt und schließlich auch die anerkannten Hilfsorganisationen als wichtige Leistungserbringer und Potenzialträger.

Auch wenn diese Aufzählung nicht vollzählig ist, wird aus ihr dennoch deutlich, dass vielfältige Bedarfe, Anforderungen, Mandate und Interessen hier unter einen Hut zu bringen sind. Und noch reden wir im Wesentlichen über das Geschehen der Normalversorgung im Alltag (im Frieden).

Vorbeugend und reaktiv

Das Oben stehende Begriffspaar vergegenwärtigt, dass wir bisher eine Diskussion erleben, die annimmt, dass ein bestehendes Gesundheitssystem auf eine eintretende Lage reagiert. Dies tut es, so scheint es, unverändert. Schon die Corona-Lage hat aber, etwa mit seinen Impfzentren, deutlich gemacht, dass sich das Gesundheitssystem sehr wohl in der Lage verändert, ja verändern muss, um lageangepasst die Versorgung sicherzustellen.

Um nun final zu verdeutlichen, was in der heutigen Diskussion häufig vernachlässigt wird, sei auf eine sehr wesentliche Bemerkung aus dem Begleitschreiben des Bundesministers des Innern an den Präsidenten des Bundesrates vom 14. Februar 1989 hingewiesen, als die bis in das Jahr 2024 gültigen RRGV übersendet wurden:

„Die vorbeugende und reaktive Gefahrenabwehr im Frieden und im Verteidigungsfall stehen gleichberechtigt nebeneinander.“

Das heißt: Wenn wir das Thema Gesamtverteidigung in der Gesundheitsversorgung endlich ernst nehmen wollen, braucht es bei jeder Initiative, bei jedem Gesetzesvorhaben, bei jeder Novelle und bei jedem großen Reformvorhaben (etwa Reform der Notfallversorgung) neben den wirksamen Regelungen für den Alltag auch gleichberechtigt Regelungen, wie sich das Gesundheitssystem in diesen Fragen im vorbeugenden Sinne der Sicherheitsvorsorge für den Verteidigungsfall aufstellt.

Die zentrale Vokabel ist hierbei „gleichberechtigt“. Vorbeugende Maßnahmen sind also immer gleichberechtigt zu den reaktiven Maßnahmen desfriedensmäßigen Gesundheitssystems zu sehen. Und die Leitfrage lautet: Wie stellen wir das Gesundheitssystem auf Massenversorgung um? Warum finden Sie dann aber so wenig Berücksichtigung?

Resümee

Wahrscheinlich ist die Antwort, dass die 2022 ausgerufene Zeitenwende und die 2024 novellierten RRGV in erster Linie nur im BMVg angekommen sind und ernstgenommen werden. Stichwort: Kriegstüchtig bis 2029!

Aus dem BMI fehlt es bis dato an ernstzunehmenden Ideen und Konzepten. Die Konzeption Zivile Verteidigung (KZV) aus dem Jahr 2016 ist dabei nicht die Antwort, sondern kann nach meiner Einschätzung immer nur die Grundlage für konkrete Ansätze und Konzepte sein. Der Fragekatalog zur Gesundheitsversorgung in der KZV sollte etwa schnellstmöglich die Grundlage bilden für ein Gesundheitssicherstellungs- und –vorsorgegesetz (GSVG).

Und die Frage der Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen und sozialen Tätigkeit bzw. Versorgung sollte ähnlich schnell auf der Agenda stehen. Vielleicht sollten wir alle auch wieder einmal das „Weißbuch zur zivilen Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland aus dem Jahre 1972 zur Hand nehmen. (vgl. Bundestags-Drucksache VI/3345), um einen echten, einheitlichen und verbindlichen Rahmen für die zivile Verteidigung und für alle Ressorts, Behörden und Player auf dem Feld der zivilen Verteidigung zu setzen.

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