Eric Lambertz ist Einsatzleiter bei der Berufsfeuerwehr Bonn und für das gesamte Stadtgebiet zuständig. Er nimmt also an Einsätzen teil, bei denen mehr als eine Löscheinheit alarmiert wird, und koordiniert vor Ort das Vorgehen zusammen mit einem Führungsassistenten aus der Leitstelle. Trotz seines turbulenten Arbeitsalltags hat er sich die Zeit genommen, das Team von Security Network durch die Feuerwache 1 im Bonner Norden zu führen und Einblicke in deren Arbeitsweise zu geben.
Als Großstadt mit über 330.000 Einwohnern verfügt Bonn über eine Berufsfeuerwehr, die in mehrere Berufsfeuerwehrwachen aufgeteilt ist, welche sich über das gesamte Stadtgebiet verteilen.
Feuerwehr im Stadtgebiet Bonn
Dem Wachkreis 1 im Norden der Stadt wird die Feuerwache 1 zugeordnet inklusive der weiteren Einheiten 11, 12, 13, 14, 15. Das Spezialgebiet der Feuerwache 1 liegt in der Rüsteinheit und dem Rettungsdienst. Zur Rüsteinheit gehören ein Kranfahrzeug, ein Rüstwagen mit allerlei technischem Hilfeleistungswerkzeug und ein Rüstwagen für Schienen, der bei Einsätzen für die Stadtbahn Verwendung findet. Wachkreis 2 mit der entsprechenden Feuerwache 2 liegt in Beuel und ist wiederum in mehrere Einheiten aufgeteilt. In Beuel liegt die Spezialisierung in den Bereichen der Wasserrettung und der Tierrettung. Der dritte Wachkreis mit mehreren Einheiten liegt in Bad Godesberg und die dort ansässige Feuerwache 3 ist spezialisiert auf ABC-Unfälle.
In jeder der drei typischen Feuerwachen ist eine Grundeinheit installiert, die in Fällen von Wohnungsbränden und Verkehrsunfällen mit drei Fahrzeugen ausrücken kann: einem Hilfeleistungslöschfahrzeug, das Materialien zur Brandbekämpfung, Löschwasser, Schaum und technische Hilfeleistungswerkzeuge beinhaltet, einer Drehleiter zur Rettung von Menschen aus höheren Geschossen und einem Tanklöschfahrzeug.
Neben den drei bisher genannten Wachkreisen mit jeweils einer Feuerwache gibt es eine reine Rettungswache 4 im Bereich Röttgen und Ückesdorf, da die Rettungsfahrzeuge der restlichen Wachen nicht schnell genug in diesen Stadtgebieten ankommen – die Hilfsfrist von acht bis zwölf Minuten muss zwingend eingehalten werden.
Ebenso besonders ist die fünfte Wache in Bonn: eine Werkfeuerwehrwache auf dem Venusberg mit einer Grundlöscheinheit, da die Konzentration mehrerer Kliniken auf wenig Raum zu einer hohen Gefährdungslage im Brandfall führt. Aufgrund dieser Gefahrensituation besteht auf Länderebene eine Verpflichtung zur Errichtung einer Werkfeuerwache. Die Stadt Bonn nutzt diese Notwendigkeit synergetisch, denn sie kann nach Absprache mit dem Land Nordrhein-Westfalen mit dieser letzten Wache auch Brandereignisse im Stadtteil Ippendorf bekämpfen und so dort die Hilfsfristen deutlich besser einhalten als zuvor.
Die Aufteilung in die Wachkreise und die Ausstattung der Feuerwachen mit Personal und Ausrüstung ergibt sich aus der regelmäßigen Evaluation des Brandschutzbedarfsplans, der alle fünf Jahre neu aufgestellt wird. Als besondere Gegebenheiten gelten in Bonn neben den Waldflächen des Kottenforst im Westen und den Ausläufern des Siebengebirges im Osten vor allem der Rhein als Wasserstraße und die rechtsrheinische Bahnstrecke, auf der täglich Chemikalientransporte stattfinden. Außerdem erfordert die teilweise unterirdisch verlaufende Stadtbahn der Stadtwerke besondere Einsatzmöglichkeiten.
Berufsfeuerwehr und Freiwillige Feuerwehr als Symbiose
Neben den bereits erwähnten Berufsfeuerwehrwachen gibt es in Bonn 18 Freiwillige Feuerwehren. Diese werden über den entsprechenden Wachkreis in der Regel mitalarmiert, wenn es in ihrem Stadtteil brennt. Darüber hinaus kommen den Freiwilligen Feuerwehren besondere Aufgaben zu, mit denen sie die Berufsfeuerwehr unterstützt, denn
Die Berufsfeuerwehr kann alles, aber nichts richtig,
behauptet Eric Lambertz etwas plakativ. Was er meint: Speziellere Einsatzfälle benötigen Spezialgruppen und -ausrüstung. Das kann in Fällen von CBRN-Vorkommnissen, Waldbränden oder auch solchen Einsätzen der Fall sein, die die Verwendung von Drohnen erfordern. Hier unterstützt die Freiwillige Feuerwehr, die laut Eric Lambertz keine Qualitätsunterschiede zur Berufsfeuerwehr aufweise, da es nicht wirtschaftlich wäre, für jeden Sonderfall Berufsfeuerwehrleute und entsprechende Ausrüstung für sie bereitzuhalten.
Der letzte Punkt weist auf den Umstand hin, dass Feuerwehr im Allgemeinen neben einer ausreichenden Schutzfunktion für die Stadt auch ökonomisch arbeiten muss. Der bereits erwähnte Brandschutzbedarfsplan dient daher nicht nur als Anforderungsliste, der eine Feuerwehr gerecht werden muss, sondern schützt auch vor zu starken kommunalen Sparmaßnahmen, die die Qualität von Ausrüstung, Personal und Gerätschaften beeinträchtigen würden. Auf die Nachfrage hin, ob Bonn gut genug in die Feuerwehr investieren würde, antwortet Eric Lambertz:
Es geht immer mehr. Aber im Vergleich zu anderen Kommunen haben wir eine sehr gute Fahrzeugtechnik und beim Personal passt es auch. Unser großes Manko sind die Wachen und Gebäude, die einfach nicht mehr zeitgemäß sind.
Feuerwehr = Rettungsdienst
In Nordrhein-Westfalen werden alle Feuerwehrleute auch zu Rettungssanitätern und -sanitäterinnen ausgebildet. An diese Ausbildung anschließend können weitere Zusatzqualifikationen erworben werden, zum Beispiel die zum Notarztfahrer, Transportführer oder Notfallsanitäter. Der Vorteil in diesem System bestehe vor allem darin, dass alle beteiligten Kräfte am Einsatzort flexibel auch medizinische Maßnahmen durchführen oder unterstützen können.
Neben den Vorteilen spricht Eric Lambertz allerdings auch Schwierigkeiten an, die mit der Gleichzeitigkeit von Feuerwehr- und Rettungsdienst einhergehen können. Diese betreffen vor allem die fachlichen Anforderungen an die Einsatzkräfte
Ich muss ABC können, ich muss technische Hilfeleistung können, ich muss Feuerwehr können. Ich muss eine Drehleiter fahren, ein Löschfahrzeug fahren, die Pumpe bedienen, aber auch hinten drauf sitzen und einen Brand bekämpfen. In der nächsten Schicht muss ich mich aber auch mit Aufzügen auskennen und einen stecken gebliebenen Aufzug zurückholen. Ich muss einen 70 Tonnen Kran fahren können. Ich muss den Rüstwagen Schiene bedienen, also auch eine Straßenbahn fahren können.
Und dann kommt der Rettungsdienst hinzu, der nochmal mindestens genauso viele Anforderungen hat wie die Feuerwehr. Das ist für die Kollegen schon sehr viel! Wir versuchen also im Rettungsdienst viele junge Leute einzusetzen und diese ganzen Sonderqualifikationen nachher zu implementieren, denn ansonsten ist das ein Paket, das man qualitativ nicht wirklich abdecken kann.
Dazu käme eine hohe Einsatzfrequenz im Rettungsdienst, die sich aber auch durch viele Fehlalarme und Bagatellen erklären ließe – hierbei sei es insbesondere herausfordernd, die Motivation der Einsatzkräfte dauerhaft aufrechtzuerhalten. Für besonders belastende Einsatzfälle steht den Kräften ein Team aus Psychologen und kirchlichen Seelsorgern zur Seite und leistet psychosoziale Unterstützung. Eric Lambertz ist froh, dass diesem Thema heutzutage mehr Achtsamkeit und Aufmerksamkeit geschenkt werden würde als in früheren Zeiten. Die Gesundheit der Einsatzkräfte stehe heute in jeder Hinsicht an erster Stelle.
Die Leitstelle – Das Herz der Wache
Die Leitstelle der Feuerwehr und des Rettungsdienstes für Bonn befindet sich in den Gebäuden der Feuerwache 1. Dort gehen alle Notrufe aus dem Stadtgebiet ein und werden von Beamtinnen und Beamte der Berufsfeuerwehr disponiert, die sowohl eine Gruppenführerausbildung im feuerwehrtechnischen Dienst als auch eine Berufsausbildung zum Rettungsassistenten absolviert haben.
Mithilfe eines computergestützten Systems, das eine standardisierte Notrufabfrage ermöglicht und sicherstellt, dass rechtssicher die richtigen Fragen an die anrufende Person gestellt werden, können innerhalb kürzester Zeit die notwendigen Einsatzfahrzeuge zum Einsatzort geschickt werden. Schon während die Beamten noch per Telefon mit den Bürgern vor Ort kommunizieren und gegebenenfalls Anweisungen für deren Handeln bis zum Eintreffen der Einsatzkräfte geben, werden schon automatisiert die Ansagen für die ausrückenden Kräfte durchgegeben und die Zeit bis zu deren Ankunft also maßgeblich verkürzt. Werktags unterstützen zusätzliche Kräfte des Arbeiter-Samariter-Bundes die Krankentransportdisposition.
Im Fall von größeren Unwettern oder anderen Katastrophen, die für ein deutlich höheres Aufkommen an Notrufen sorgen, wird ein zusätzlicher Raum mit Notrufabfrageplätzen verwendet. Mehr als zehn Kräfte der Freiwilligen Feuerwehren können hier Notrufe entgegennehmen, in ein Computerprogramm eingeben und damit priorisieren. Daneben hält die Leitstelle außerdem einen weiteren Raum als Funk- und Lagezentrum vor, in dem in Ausnahmesituationen die Arbeit der Einsatzkräfte disponiert und organisiert werden kann.
Jährlich werden in der Bonner Leitstelle laut Angaben der Stadt rund 4.000 Brände und technische Hilfeleistungen, 10.000 Notarzteinsätze sowie 33.000 Notfall- und etwa 40.000 Krankentransporte koordiniert. Neben der Annahme von Notrufen überwacht die Leitstelle außerdem per Video alle Bahnhaltepunkte und den Bad Godesberger Tunnel.
Insgesamt lässt sich also festhalten, dass die Feuerwehr in Bonn zahlreiche Aufgaben übernimmt und so tagtäglich für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger sorgt.