Zivile Sicherheit auf 2029 ausrichten (I)

Die sicherheitspolitische Zeitenwende ist inzwischen weit über alle politischen und gesellschaftlichen Grenzen hinweg zu einem geflügelten Wort geworden. Verschiedentlich habe ich in den letzten Wochen bemängelt, dass neben das Handeln der Bundeswehr keine adäquate Planung und Anschubfinanzierung für die Gefahrenabwehr und die zivile Verteidigung gestellt wurde. Daher folgt nun eine Idee, wie durch ziviles Handeln mehr Sicherheit durch Resilienz mit Fokus auf das Jahr 2029 erreicht werden kann. Lesen Sie heute den ersten Teil meiner Überlegungen:

Das Bild zeigt Aspekte der zivilen Sicherheit. Risikowahrnehmung, Bewusstsein der Bevölkerung, Materieller Ausstattungsbedarf, Lagebild und Fähigkeitsmapping, Politische Prozesse und Hilfsorganisationen
Zivile Sicherheit 2029 - Teil 1
Bild: KI-generiert
Bewusstsein in der Bevölkerung / Risikowahrnehmung

Über viele Jahre hat die Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung das Risiko einer konkreten Kriegsgefahr in Deutschland und Europa ausgeklammert. 2011 wurde die Wehrpflicht mit der Begründung ausgesetzt, dass die sicherheitspolitisch entspannte Lage einen solchen massiven Eingriff in die Freiheit der jungen Männer nicht mehr rechtfertige. Die sicherheitspolitische Lage des Jahres 2025 und der vor uns liegenden Jahre fordert nun nicht mehr eine breite zeitintensive gesellschaftliche Diskussion, die viele von uns noch vor wenigen Jahren als Mindestanforderung sahen, sondern zeitnah ein Wiederanfahren der Wehrersatzorganisation und damit der pflichtmäßigen Musterung und Überwachungen und auch ein kostenintensives Wiederaufbauen von (Grund-)Ausbildungskapazitäten zivil und militärisch.

Zentrale Steuerung politischer Prozesse

Die Beobachtung der vergangenen etwa zehn Jahre und damit der Großschadenslagen und Katastrophen lässt den Schluss zu, dass es zu einer zentralen und einheitlich orchestrierten und finanzierten Steuerung der politischen Prozesse auf allen Ebenen kommen muss. Eingeschliffene Pfade und Verkrustungen in den Strukturen und Verfahrensweisen müssen aufgebrochen werden. Eine neue Sicherheitsarchitektur für Inneres, Gefahrenabwehr, Lagebild und Führungsfähigkeit sollte kurzfristig in einer maximal sechs Monate arbeitenden Föderalismuskommission III beschlussreif für Bund und Länder erarbeitet werden.  Damit hätte der Nationale Sicherheitsrat auch eine belastbare Grundlage bei nationalen Lagen.

Klärung der Zuständigkeit zwischen den politischen Ebenen und zwischen staatlichen/ nicht-staatlichen Akteuren

In Ergänzung dazu müssen Finanzmittel des Bundes zukünftig nicht nur im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung an die Länder und/oder Kommunen gegeben werden dürfen, sondern es müssen diese auch an die anerkannten Hilfsorganisationen gegeben werden können. Sie sind in vorderster Linie die Träger unsere ehrenamtlichen Engagements, sie schultern große Ausbildungsleistungen im Bevölkerungs- und Katastrophenschutz und müssen dies zukünftig in viel stärkerem Maße als heute tun. Hier würde ein übergreifendes „Hilfsorganisationen-Budget“, wie es bereits bis in die 1970er-Jahre hinein existierte, hilfreich sein, um schneller als bisher handeln und ausbilden zu können.

Besondere Anforderung hybride Lage

Hybride Angriffe sind besonders dadurch geprägt, dass sie über einen langen Zeitraum – auch durch die Begleitung u.a. über die sozialen Medien – von der Bevölkerung zunächst gar nicht als Angriff wahrgenommen werden. Daneben gibt es Faktoren, die häufig in der Sicherheitsarchitektur bisher gar nicht berücksichtig werden, wie etwa die gezielte Unterwanderung von Wertschöpfungsketten und Vorprodukten für Industrie und Handel. Unter Berücksichtigung der Betreiber Kritischer Infrastrukturen ist hier eine Plattform für Austausch von sicherheitsrelevanten Erkenntnissen mit der Wirtschaft zu schaffen.

Materieller Ausstattungsbedarf und Finanzen

Der materielle Ausstattungsbedarf und der damit verbundene Finanzbedarf mit Deckung durch den Bund ist mit der Forderung der IMK nach „10 Milliarden in 10 Jahren“ für die Länder gestellt. Eine etwa gleiche Summe ist auch für den Bereich der Hilfsorganisationen nach ZSKG und DRKG vorzusehen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, da das DRK, die JUH und der MHD die Pflicht zur Mitwirkung im Sanitätsdienst der Bundeswehr aufweisen. Die drei genannten anerkannten Hilfsorganisationen sind demnach auch und zuvorderst „Organisationen für den Krieg“ und müssen in die Lage versetzt werden, sich darauf wirksam vorzubereiten.

Lagebild und Fähigkeitsmapping

Ein 360-Grad-Lagebild, das sich keinesfalls nur auf den Kernbereich der verwobenen inneren und äußeren Sicherheit beschränkt, sondern eben mindestens auch zentrale Felder wie die Wirtschaftstätigkeit, die Gesundheitsversorgung, die Daseinsvorsorge im weitesten Sinne und die Betreiber der Kritischen Infrastrukturen zusammenführt, ist unabdingbar. Neben das Lagebild muss aber auch ein wirksames Fähigkeitsmapping treten. Dies kann aber nur Wirksamkeit entfalten, wenn in einem Fähigkeits- und Vorhaltungsgesetz und der dazugehörigen Finanzierung klar geregelt ist, wer im nationalen Kontext was und in welcher Menge vorhält und bewirtschaftet.

Lesen Sie Morgen den zweiten Teil meiner Überlegungen!
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Verwendete Schlagwörter

FähigkeitsmanagementFöderalismusHilfsorganisationenHybride BedrohungenLagebildRisiko
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