Verfassungsschutzbericht 2024: Für die demokratische Grundordnung

Für das Jahr 2024 wurden insgesamt 57.701 Straftaten mit extremistischem Hintergrund festgestellt (2023: 39.433) – ein neuer Höchststand und eine Steigerung um 46,33 Prozent. Der Verfassungsschutz warnt zudem vor ernsthaften Sicherheitsbedrohungen durch Spionage, Sabotage, Desinformation und Cyberangriffe, insbesondere im Kontext des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine, aber auch durch die Volksrepublik China oder die Islamische Republik Iran. Mit Blick auf diese Sicherheitslage betont Bundesinnenminister Alexander Dobrindt die enorme Relevanz der Arbeit des Verfassungsschutzes als essenziellen Teil des „Schutzes unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung“.

Der Verfassungsschutzbericht gibt einen Überblick über die Entwicklung von extremistischen Gefahren innerhalb des vergangenen Jahres.
Der Verfassungsschutzbericht gibt einen Überblick über die Entwicklung von extremistischen Gefahren innerhalb des vergangenen Jahres.
Foto: wikicommons / Rufus 46

Zunahmen über alle Agitatoren hinweg

Es wird beim Lesen des Verfassungsschutzberichts schnell klar: Sowohl von rechts als auch von links nehmen die Bedrohungen aufgrund von steigenden Personenzahlen und mehr gewaltorientierte Personen weiter zu.

Rechtsextremismus, Reichsbürger und Selbstverwalter

Im Vergleich zum Vorjahr ist das Personenpotenzial im rechtsextremistischen Spektrum um knapp 24 Prozent auf 50.250 gestiegen (2023: 40.600). Damit wuchs auch der Anteil an gewaltorientierten Rechtsextremisten auf nun 15.300 Personen an.

Der Verfassungsschutz stellt fest, dass Migration und Asyl den Mittelpunkt rechtsextremistischer Agitation darstellen. Dies sei durch die islamistisch motivierten Gewalttagen von Mannheim und Solingen verstärkt worden. Daneben gelangt auch Queerfeindlichkeit in den Fokus rechtsextremistischer Demonstrationen.

Besonders besorgniserregend erscheint die Tatsache, dass Internet und Soziale Medien häufig einen Katalysatoreffekt für die Radikalisierung besäßen, was vor allem für sehr junge Menschen eine große Gefahr darstelle.

Auch die Zahl an Reichsbürgern und Selbstverwaltern stieg an auf schätzungsweise 26.000 Personen, darunter 2.600 gewaltorientierte. Der Verfassungsschutz stellt eine zunehmende Entgrenzung zwischen verschiedenen Gruppierungen und Teilphänomenen des Rechtsextremismus fest, was weiter zu beobachten sei.

Linksextremismus

Der Verfassungsschutz schätzt die Zahl an Linksextremisten aktuell auf 38.000 Personen. Mehr als jeder Vierte davon sei gewaltorientiert. Immer wieder seien Einrichtungen der Kritischen Infrastruktur von linksextremistischen Angriffen betroffen, wodurch nicht nur Sicherheitsrisiken, sondern auch Schäden in Millionenhöhe entstünden.

Islamismus und islamistischer Terror

Auch in diesem Bereich extremistischer Gefahren ist das Personenpotenzial gestiegen (von 27.200 auf 28.280 Personen). Die Anschläge von Mannheim und Solingen haben gezeigt, dass die bei Weitem größte islamistisch-terroristische Bedrohung in und für Deutschland vom Jihadismus des IS ausgeht.

Als Folge des Nahostkonflikts komme es zudem zu einer Intensivierung und Ausweitung der Aktivitäten von HAMAS und Hizb Allah in Deutschland, was aufgrund des hohen Emotionalisierungs- und Mobilisierungspotenzials vor allem zu einer abstrakt erhöhten Gefährdung von israelischen und jüdischen Zielen führe. Darüber hinaus ließe sich beobachten, dass bisher getrennt und unterschiedlich agierende islamistische Gruppierungen unter dem Einfluss des Krieges in Nahost näher zusammenrücken. 

Über den Verfassungsschutz und den jährlichen Verfassungsschutzbericht

Die Garantie von Sicherheit und Freiheit gilt als eine wesentliche Aufgabe des demokratischen Staates gegenüber seinen Bürgerinnen und Bürgern. Demokratische Grundwerte wie der Schutz der Menschenwürde und die zentralen Grundprinzipien der staatlichen Ordnung werden im Grundgesetz konkretisiert. Zum Schutz des demokratischen Rechtsstaats sind Vereinigungen, die den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung richten, verboten.

Die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder sammeln Informationen und Erkenntnisse über verfassungswidrige Bestrebungen und sicherheitsgefährdende Tätigkeiten und geben diese als analytisch aufbereitete Erkenntnisse an Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften weiter, die exekutive Maßnahmen durchführen dürfen – der Verfassungsschutz selbst verfügt hierzu keine Befugnisse. Somit kann man den Verfassungsschutz als effektives Frühwarnsystem und Entscheidungshilfe für weiterführende Maßnahmen bezeichnen.

Den größten Teil an Informationen gewinnt der Verfassungsschutz aus öffentlich zugänglichen Quellen. Da Extremismus und Terrorismus konspirativ planen und agieren, nutzt der Verfassungsschutz im Rahmen gesetzlich festgelegter Grenzen und unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auch nachrichtendienstliche Mittel zur Informationsbeschaffung. Dazu arbeitet er mit internationalen Gremien und ausländischen Nachrichtendiensten zusammen, was vor allem vor dem Hintergrund von internationalem Terrorismus und Cyberbedrohungen sinnvoll ist.

Die Tätigkeiten des Bundesamtes für Verfassungsschutz werden vielfältig kontrolliert, beispielsweise durch die Fach- und Dienstaufsicht des Bundesinnenministeriums. Außerdem verfolgen sie den Grundgedanken, dass Freiheit in stabiler Sicherheit keine Selbstverständlichkeit darstellt.

Damit die Gesellschaft informiert und aufgeklärt in die sicherheitspolitische Debatte eintreten kann, sind die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes nicht exklusiv, sondern öffentlich zugänglich – so auch der jährliche Verfassungsschutzbericht. Er dient der Information über die aktuellen verfassungsschutzrelevanten Entwicklungen und deren Bewertung im Gesamtkontext der nationalen Sicherheitspolitik.

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Verwendete Schlagwörter

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