OPLAN Deutschland: „Das Minimum, mit dem wir rechnen müssen“

Beim CP-Symposium 2025 in Erfurt zeichnete Oberst Klaus Glaab, Kommandeur und Standortältester des Landeskommandos Thüringen, ein eindringliches Bild der aktuellen sicherheitspolitischen Lage Deutschlands. Im Zentrum seines Vortrags stand der Operationsplan Deutschland und die dringende Notwendigkeit, die Schnittstelle zwischen ziviler und militärischer Verteidigung zu stärken.

Oberst Klaus Glaab ist Kommandeur und Standortältester Erfurt beim Landeskommando Thüringen und hielt einen fesselnden Vortrag beim CP-Symposium 2025 zum OPLAN Deutschland.
Oberst Klaus Glaab ist Kommandeur und Standortältester Erfurt beim Landeskommando Thüringen und hielt einen fesselnden Vortrag beim CP-Symposium 2025.
Foto: CPM/ Sascha Schuermann

Oberst Klaus Glaab ist Kommandeur und Standortältester des Landeskommandos Thüringen und kennt somit die Möglichkeiten und Notwendigkeiten rund um Zivil-Militärische Zusammenarbeit. Sein Vortrag beim CP-Symposium 2025 fesselte das Plenum: nicht nur thematisch, sondern auch mit seinen hohen rhetorischen Fähigkeiten.

Die wahre Zeitenwende

Oberst Glaab korrigierte eine aus seiner Sicht weitverbreitete Fehleinschätzung: „Die Zeitenwende hat im Frühjahr 2014 stattgefunden. Die völkerrechtswidrige Annexion der Krim ist die eigentliche Zeitenwende.“ Damit widersprach er der Definition des Begriffs, die aus der bekannten Rede des ehemaligen Bundeskanzlers Scholz im Jahr 2022 entstammt. Diese Fehleinordnung bezeichnet der Oberst als „historischen Fehler“.

Leben in der Grauzone: Der hybride Krieg

Ein zentrales Anliegen des Obersts war es, das Bewusstsein für die aktuelle Bedrohungslage zu schärfen. Deutschland befinde sich in einer verfassungsrechtlichen Grauzone zwischen Frieden und Krieg. „Wir befinden uns mittlerweile in einem hybriden Krieg“, stellte Oberst Glaab klar. Desinformation, Fake News, Cyberangriffe, Ausspähung und Sabotage seien bereits Teil des Alltags. Der hybride Krieg sei allerdings lediglich die unterste von fünf Stufen der russischen Kriegsführung.

Dringender Handlungsbedarf bei der Drohnenabwehr

Als konkretes Beispiel für die aktuellen rechtlichen Herausforderungen nannte Oberst Glaab die Drohnenabwehr. Die Zuständigkeitsfragen seien trotz Dringlichkeit ungeklärt. Fremde Drohnen einfach abzuschießen sei in dichter besiedelten Regionen wegen der Gefahr durch herabstürzende Teile keine Lösung. „Ich habe tiefe Hoffnungen, dass wir mit den unterschiedlichen Gesetzesinitiativen, die momentan im Bundestag laufen, Lösungen bekommen“, so der Kommandeur.

Blackouts als reale Bedrohung

Besonders eindrücklich schilderte Glaab die Folgen von Stromausfällen. In Berlin habe es 2025 den längsten Blackout seit Ende des Zweiten Weltkriegs gegeben – 60 Stunden ohne Strom. Ebenso dramatisch seien die Ereignisse in Portugal, Spanien und Südfrankreich im April 2025 gewesen, wo 18 Stunden lang der Strom ausfiel. Eine offizielle Erklärung für diesen Ausfall gebe es bis heute nicht. Darüber müsse man sich mit Blick auf die geopolitische Situation mehr Gedanken machen, wurde im eindringlichen Vortrag zwischen den Zeilen deutlich.

Zwischen Frieden und Krieg: Hybrid
Zwischen Frieden und Krieg: Hybrid

Glaab appellierte an die persönliche Betroffenheit im Kontext von Blackouts: „Menschen sterben zuhause, weil sie in häuslicher Pflege auf ein Beatmungsgerät angewiesen sind, welches keinen Strom mehr hat. Wissen Sie, wer in Ihrer Nachbarschaft bei einem Stromausfall in eine solche Situation geraten würde?“ Bevor man sich auf der Metaebene Gedanken mache, solle man bei dem beginnen, was einen unmittelbar umgibt.

OPLAN DEU: Bindeglied der Verteidigung

Der Operationsplan Deutschland fungiert als Bindeglied zwischen der nationalen Territorialverteidigung und den NATO-Regionalplänen. Er beschäftigt sich explizit nicht mit der Verteidigungsplanung an der NATO-Ostflanke, sondern konzentriert sich auf das Geschehen in Deutschland selbst, wenn NATO-Truppen an die Ostflanke verlegt werden müssen.

Oberst Glaab wies auf einen „Schönheitsfehler“ des Plans hin: Er finde in der Friedensphase statt – mit Ampeln, Verkehrsschildern und Staus, „mit dem ganz normalen Leben, so wie wir es kennen.“ Im Kriegsfall werde die Lage deutlich anspruchsvoller. Die Flüchtlingsbewegungen würden die aus dem Ukraine-Krieg bekannten Zahlen bei weitem übertreffen. Ein weiterer Punkt, der in öffentlichen Gesprächen rund um den OPLAN schon länger besprochen wird, sei darüber hinaus die Versorgung von großen Massen verletzter Menschen.

Gesamtverteidigung erfordert Priorisierung

Alle Ebenen seien im Kontext der Gesamtverteidigung von enormer Relevanz. „Ohne die Unterstützung aus dem Bereich der zivilen Organisation für die Streitkräfte wird das nicht funktionieren“, betonte Oberst Glaab. Es werde zu diversen Situationen kommen, in denen „ganz harte Priorisierungsentscheidungen“ getroffen werden müssten.

Besonders kritisch seien die Kritischen Infrastrukturen (KRITIS). Neben der Stromversorgung werde auch die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung sehr schnell kritisch. Hierdurch könnten Seuchen und weitere medizinische Herausforderungen auf die Bevölkerung zukommen.

Es müsse geklärt werden, bei welchen kritischen Infrastrukturen die Bundeswehr die Polizei mit Heimatschutzkräften bei der Absicherung verteidigungsrelevanter kritischer Infrastrukturen unterstützen sollte. Der Kommandeur formuliert in diesem Zuge die dringende Notwendigkeit, den Blick auf selbst zu veranlassende Schutzmaßnahmen zu lenken, denn: Ein Schutz einzelner Unternehmen durch die Bundeswehr sei ausgeschlossen. Umso wichtiger sei es, dass Unternehmen eigene Notfallpläne entwickelten und ihre Resilienz steigerten.

Informationssicherheit: Die Tür zuhalten

Mit einer anschaulichen Metapher verdeutlichte Oberst Glaab die Notwendigkeit des Informationsschutzes: Es sei alltäglich, die persönliche Wohnungstür zu schließen und abzusperren. Die Überlegung, warum dies sinnvoll ist, führe  direkt dazu, warum der Operationsplan Deutschland unter diesen hohen Sicherheitsvorkehrungen von der Öffentlichkeit ferngehalten wird: „Wir müssen die Tür so zuhalten, dass Russland nicht reinkommt.“

Eine Never-Ending-Story

Abschließend stellte Oberst Glaab klar, dass sein als „offen“ klassifizierter Vortrag „das Minimum“ darstelle, mit dem gerechnet werden müsse. Der Operationsplan Deutschland werde darüber hinaus aber eine Never-Ending-Story sein, „weil sich die Umwelt und alle Faktoren permanent in der Änderung befinden“.

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