Die Feuerwehr der Stadt Bedburg im Rhein-Erft-Kreis besteht aus rein ehrenamtlichen Kräften. Davon ausgenommen ist die Verwaltung der Feuerwehr, die mit administrativen Tätigkeiten befasst und hauptamtlich für die Stadt Bedburg arbeitet. Diejenigen aber, die die vielen Einsätze rund um das aktuelle Starkregenereignis in Nordrhein-Westfalen bewältigt haben, sind durchweg ehrenamtliche Einsatzkräfte.
Das Security Network hatte heute Nachmittag die Möglichkeit, ausführlich mit Erol Bas, dem Pressesprecher der Feuerwehr Bedburg, über die Ereignisse der vergangenen Stunden zu sprechen. Das Interview führte Jessica Fuchs.
Wie viele ehrenamtliche Einsatzkräfte sind im Kontext des extremen Starkregens seit der vergangenen Nacht in Bedburg aktiv gewesen?
In Summe waren zu Spitzenzeiten knapp 250 Einsatzkräfte in Bedburg unterwegs. Diese stammen allerdings nicht alle von der Feuerwehr Bedburg, denn diese Lage hätten wir aufgrund der Größe und des umfassenden Ausmaßes allein nicht so gut bewältigen können.
Wir hatten Unterstützung durch viele Hilfsorganisationen, das Deutsche Rote Kreuz, den Malteser Hilfsdienst, die Johanniter und das Technische Hilfswerk (THW). Auch die Polizei hat unterstützt. Darüber hinaus waren Feuerwehrkräfte aus umliegenden Städten in Bedburg im Einsatz. Es gab aber auch viele Spontanhelfer, die gerade beim Befüllen der Sandsäcke großartig unterstützt haben.
Das Maß der Auslastung der Einsatzkräfte war wahrscheinlich ausgesprochen hoch. Die Warnung bestand seitens des Deutschen Wetterdienstes und der gängigen Warn-Apps gestern schon. Haben Sie sich damit ausreichend auf das Maß des Unwetters vorbereiten können oder kam das dann am Ende doch etwas überraschend?
Ich glaube, so eine Lage in diesem Ausmaß ist immer ein Stück weit überraschend. Aber am Ende sind wir ja als Feuerwehr darauf ausgelegt und ausgebildet:
„Wir wollen immer vor der Lage bleiben.“ – Erol Bas, Pressesprecher Feuerwehr Bedburg.
Daher haben wir die Warnungen sehr ernst genommen, uns intern strukturiert und darauf vorbereitet, damit wir in der Nacht möglichst zügig in den Einsatz gehen konnten. So konnten wir die Flächenlage mit teilweise bis zu 100 Paralleleinsätzen koordiniert und strukturiert abarbeiten.
Wie ist es Ihnen gelungen, trotz des Ausmaßes vor der Lage zu bleiben?
Wir haben feste Konzepte, die unsere kommunale Koordinierungsstelle für diesen Zweck zur Anwendung bringt. Da schnell deutlich wurde, dass die die Einsatzzahlen sehr groß werden würden, haben wir uns zügig dazu entschieden den Vollalarm für die Feuerwehr Bedburg auszulösen. Dadurch waren so viele ehrenamtliche Kräfte wie möglich zügig und zeitgleich einsetzbar.
Der Vollalarm war am Ende der Schlüssel, um die Lage kontinuierlich kontrollieren und Defizite schnell ausgleichen zu können. Mit Blick auf die Lage haben wir möglichst zügig externe Kräfte von anderen Feuerwehren und dem THW involviert, um auch besondere Einsatzstellen bewältigen zu können.
Sicherlich sind vor allem in der Nacht zeitgleich zahlreiche Notrufe bei Ihnen eingetroffen. Nach welchem Maß wurden diese für die Einsatzbewältigung priorisiert?
Über die 112 sind sehr viele Notrufe in der Leitstelle des Rhein-Erft-Kreises eingetroffen, welch dort nach einem festgelegten Abfrageschema dokumentiert und klassifiziert wurden. Diese Daten wurden in der Koordinierungsstelle anhand des Meldebildes und der Beschreibung des Notfalls priorisiert.
Wir haben Fälle priorisiert, in denen beispielsweise ein Keller besonders schnell und stark vollgelaufen ist und so Personen gefährdet wurden, vor allem bei älteren Menschen, die ihr Haus nicht mehr so schnell verlassen können. All diese Parameter fragte die Leitstelle vorher bei den anrufenden Personen ab, damit wir auf den ersten Blick bewerten und unsere Einsatzkräfte zielgerichtet aussenden konnten.
Im Laufe des Unwetters wurden für mehrere Bereiche der Stadt Bedburg mehrere Evakuierungen ausgesprochen, da Oberflächenwasser und Schlamm große Gefahren für die Anwohner ausgelöst haben. Wie hat sich diese Lage über den heutigen Tag entwickelt?
Mittlerweile sind alle ausgesprochenen Evakuierungen aufgehoben worden. Die Bevölkerungswarnung über die Warn-App Nina ist auch beendet worden, sodass alle Menschen wieder in ihre Häuser zurückkehren können.
Und wie Sie sagen, hatten wir in Bedburg große Mengen an Oberflächenwasser, das von den Feldern abgeflossen ist und so auch große Mengen an Schlamm und Erdschichten mitbewegt hat. Dieser Schlamm ist in die Stadt und in zahlreiche Keller gelangt.
Unsere Pumpen können entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit nur Flüssigkeiten aus den Kellern befördern, weshalb man sagen muss: Am Ende müssen die Bürgerinnen und Bürger den Schlamm selbst beseitigen. Doch wir haben schnell festgestellt, dass die Menschen in Bedburg sehr gut vernetzt sind und sich spontan gegenseitig helfen.
Das ist gut zu hören, denn schlussendlich kommt es auch stark auf die Bevölkerung und ihren Umgang mit einer Situation an. Wie würden Sie denn die Schadenslage jetzt, wo das Schlimmste überstanden ist, abschließend bewerten?
Die Schadenslage war wirklich sehr hoch und die Stadt wurde stark getroffen. Vor allem in den Einsatzschwerpunkten wie dem Neubaugebiet und der Ressourcenschutzsiedlung haben wir ein sehr hohes Schadensausmaß festgestellt.
Stand jetzt ist allerdings die akute Gefahr an allen Stellen vorüber, sodass wir ganz langsam Entwarnung geben können. Auch die Pegelstände des Pützbachs sinken bereits. Unsere Sicherungsmaßnahmen wie den Aufbau von Sandsäcken, die wir frühzeitig getroffen und eingeleitet haben, haben schnell Wirkung gezeigt und so auch die Bürgerinnen und Bürger geschützt.
In den nächsten Tagen müssen natürlich noch die weiteren Aufräumarbeiten erledigt werden: Straßen müssen gereinigt und sämtlicher Müll, der sich angesammelt hat, geräumt werden. Da erhalten wir glücklicherweise viel Unterstützung durch Landwirte. Es werden außerdem von der Stadt entsprechende Abfallcontainer bereitgestellt werden. Alles in allem bleibt das Ausmaß des Schadens auf die besagten Einsatzschwerpunkte begrenzt.
Sie waren ja an sich schon ziemlich gut vorbereitet und das scheint alles so trotz des großen Schadensausmaßes im Rückblick gut geklappt zu haben. Was würden Sie denn als Learning von den letzten 24 Stunden mitnehmen für zukünftige Schadenslagen dieser Größe?
Das ist eine gute Frage. Ich glaube, dass ich das jetzt so aus dem Stehgreif noch gar nicht fundiert beantworten kann, weil wir gerade noch mitten in den Maßnahmen stecken. Ich bin der Meinung, dass nach solch einem Ereignis die Reflexion des Ganzen sehr wichtig ist.
Wir werden uns auf jeden Fall fundiert hinterfragen und unsere Prozesse betrachten, die Abläufe begutachten und so natürlich sicherlich an der einen oder anderen Stelle noch ein paar Feinheiten feststellen, die wir zukünftig verbessern können. Aber ich glaube, das ist immer so. Es gibt keinen Prozess oder keine Sache, die zu 100% reibungslos und perfekt abläuft.
Wir stellen als Feuerwehr Bedburg jedenfalls schon fest, dass eine Sensibilisierung der Bevölkerung im Vorfeld einer solchen Situation sehr wichtig ist. Die Wetterdienste haben im aktuellen Fall schon sehr früh öffentliche Warnungen ausgesprochen. Auch wir haben im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit in den sozialen Medien darauf hingewiesen, dass es zu einem außergewöhnlichen Unwetterereignis kommen kann, und Verhaltenstipps ausgesprochen.
Wir sind im Nachgang einfach auch froh darüber, dass sich die Bürgerinnen und Bürger vorbildlich an diese Dinge gehalten haben, sodass wir auch zum Glück sagen können, dass es zu keinerlei Verletzten gekommen ist.
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