Während die zivile Verteidigung in den letzten Jahren, außerhalb der Fachkreise, noch eher auf freundliches Desinteresse gestoßen ist, konnte die Kritische Infrastruktur in vielen Fällen dadurch im Fokus bleiben, dass sie schlicht unmittelbar lebensnotwendig ist. Die Angewiesenheiten auf Energie, Ernährung, Wasser oder Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) bedürfen keiner besonders bedrohlichen Lage, sondern sie sind stetig vorhanden. Bei äußerem und bei innerem Notstand, aber auch, wenn die Versorgung im Alltag einmal nicht funktioniert.
Dabei ist die kritische Infrastruktur – und damit die KRITIS – ein eher neuer Rechtsbegriff, der erstmals im Dezember 2008 im Raumordnungsgesetz (ROG) erscheint. Dort wird unter den Grundsätzen der Raumordnung festgeschrieben, dass dem Schutz kritischer Infrastrukturen Rechnung zu tragen sei. Damit ist der Schutz kritischer Infrastrukturen als eine der grundlegenden raumplanerischen, und –ordnerischen Maximen festgeschrieben.
KRITIS : Erreichbarkeit von Einrichtungen und Angeboten
Da diese kritischen Infrastrukturen im ROG im Kontext von Dienstleistungen und Infrastrukturen der Daseinsvorsorge genannt werden, darf als gesichert gelten, dass es ursprünglich besonders um die Erreichbarkeit von Einrichtungen und Angeboten der Grundversorgung für alle Bevölkerungsgruppen, die Sicherung von Chancengleichheit auch in dünn besiedelten Regionen und um den Erhalt sozialer Infrastruktur und zentraler Versorgungsbereiche ging.
Und hier braucht es eine kurze Vertiefung, um den weiteren Weg der KRITIS zu erfassen. Schon 2008 wird nämlich sowohl von kritischen Infrastrukturen (KRITIS) als auch von kritischen Dienstleistungen gesprochen. Gerade letzteres wird in der öffentlichen Diskussion gerne ausgeblendet, oder zumindest übersehen.
KRITIS und Kritische Dienstleistungen
Für eine griffige Definition hilft ein Blick in das Glossar des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK): Dort werden Kritische Infrastrukturen (KRITIS) als Organisationen und Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen beschrieben, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden.
Eine kritische Dienstleistung hingegen wird definiert, als von Betreibern kritischer Infrastrukturen zur Versorgung der Allgemeinheit erbracht und deren Ausfall oder Beeinträchtigung zu erheblichen Versorgungsengpässen, zu Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit oder zu vergleichbaren Folgen führen würde.
KRITIS: Immer auch krisen- und kriegstüchtig!?
So wie diese Dinge grundlegend angelegt sind (Benennung der Daseinsvorsorge, Organisationen und nicht nur Einrichtungen, Erreichbarkeit der Grundversorgung, Erhalt von sozialer Infrastruktur und zentraler Versorgung – Und dies alles flächendeckend!) kann ebenfalls als gesichert angenommen werden, dass dieses Grundmuster nicht nur bei „Sonnenschein und schönem Wetter“ belastbar sein sollte, sondern vor allem auch in der Krise. Und in den heutigen sicherheitspolitischen Rahmen eingeordnet ist es auch gar nicht so waghalsig zu formulieren, dass die kritischen Infrastrukturen und Dienstleistungen und ihr reibungsloses alltägliches Funktionieren die Grundvoraussetzung für die zivile Verteidigung, aber auch für eine zivile Kriegstüchtigkeit zur Unterstützung der Streitkräfte sind.
KRITIS – Was nun?
Heute sind die Sektoren der kritischen Infrastrukturen und Dienstleistungen ein vielfältiges und eng gewobenes Netz, das untrennbar mit den gesellschaftlichen Bereichen verwoben ist. Ohne Energie, IKT, Transport und Verkehr, Gesundheit (einschließlich Notfallrettung und Katastrophenschutz), Medien und Kultur, Wasser, Ernährung, Finanz- und Versicherungswesen, Siedlungsabfallentsorgung oder die Aufrechterhaltung von Staat und Verwaltung ist eine moderne Gesellschaft kaum bis nicht lebensfähig und schutzlos.
Vor allem aus diesem Grund sind konkrete Vorstellungen dazu zu entwickeln, wie die genannten kritischen Infrastrukturen und Dienstleistungen so aufgestellt werden können, dass sie auch unter Druck ihren Aufgaben für die Bevölkerung nachkommen können, somit die Bevölkerung schützen und ihren Teil der zivilen Verteidigung im Kontext der Gesamtverteidigung leisten.
KRITIS: Richtlinie (EU) 2022/2557 „Resilienz kritischer Einrichtungen“
Dass dies nicht im luftleeren Raum und ohne Zeitdruck geschieht, macht ein Blick in die zuvor genannte EU-Richtlinie 2022/2557 deutlich. Dort ist verbindlich für die Mitgliedstaaten festgelegt, dass sie spätestens am 17. Januar 2026 eine Strategie zur Verbesserung der Resilienz kritischer Einrichtungen verabschieden. In der Strategie sind — aufbauend auf den bestehenden entsprechenden nationalen und sektorspezifischen Strategien, Plänen oder ähnlichen Dokumenten — die strategischen Ziele und politischen Maßnahmen festgelegt, mit denen ein hohes Resilienzniveau von kritischen Einrichtungen erreicht und aufrechterhalten werden soll.
KRITIS: Die Zeit drängt!
Ebenfalls bis zum 17. Januar 2026 wird auf der Grundlage einer „nicht erschöpfenden“ Liste der EU über wesentliche Dienste im Sinne der Richtlinie eine Risikobewertung durch die Mitgliedstaaten durchzuführen sein. Diese Risikobewertung ist ab diesem Datum mindestens alle vier Jahre durchzuführen. Ziel ist es, kritische Einrichtungen zu identifizieren und diese bei der Ergreifung von Maßnahmen zu unterstützen.
Und spätestens bis zum 17. Juli 2026 muss jeder Mitgliedstaat die kritischen Einrichtungen in den Sektoren Energie, Verkehr, Bankwesen, Finanzmarktinfrastrukturen, Gesundheit, Trinkwasser, Abwasser, Digitale Infrastruktur, Öffentliche Verwaltung, Weltraum und Produktion, Verarbeitung und Vertrieb von Lebensmitteln ermitteln.
Fazit:
Da das sogenannte Kritis-Dachgesetz zur Umsetzung dieser EU-Richtlinie nun schon recht lange auf sich warten lässt, wird die Aufgabe immer drängender. Bis 2029 bleiben nur noch drei Jahre Zeit.
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