Körperverletzung im Amt: Ermittlungen gegen 17 hessische Polizeibeamte

In einem Ermittlungskomplex der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main, der gegen 17 Polizeibedienstete des 1. Polizeireviers in Frankfurt am Main geführt wird, wurden heute Morgen durch die Staatsanwaltschaft und das Hessische Landeskriminalamt gegen die Beschuldigten Durchsuchungsbeschlüsse für vier Dienststellen und 21 Wohnanschriften vollstreckt. Grundlage dafür ist der Verdacht der Körperverletzung im Amt, der Strafvereitelung im Amt und der Verfolgung Unschuldiger. Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen. Ein erster Überblick.

Symbolbild Ermittlungen bei der Polizei Hessen
Symbolbild
Bild: KI-generiert mit Chat GPT / DALL-E

Die Ermittlungen richten sich gegen fünf Polizeibeamtinnen und zwölf Polizeibeamte im Alter zwischen 24 und 56 Jahren, die im Streifendienst und in der vorgesetzten Dienstgruppenleitung eingesetzt waren. Den Beschuldigten wird vorgeworfen, im Zeitraum von Februar bis Ende April 2025 insgesamt sechs männlichen Personen während oder nach deren Festnahme unberechtigt körperlichen Schaden zugefügt bzw. dies geduldet und die Taten nicht angezeigt zu haben.

In diesem Zusammenhang sollen mehrere Polizeibedienstete gegen fünf der Geschädigten Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und/oder des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte eröffnet haben, um nachträglich das eigene Vorgehen und die Gewaltanwendung zu rechtfertigen.

Ermittlungen dauern an

Von einigen der Tathandlungen existieren Aufzeichnungen von polizeieigenen Videosystemen wie Videoüberwachung im Polizeirevier, Bodycams und öffentlichen Videoschutzanlagen. Da die Sachverhalte polizeiintern erkannt wurden, konnten unverzüglich Ermittlungen aufgenommen werden. Zur Vermeidung jeden Anscheins einer nicht unabhängigen Sachbearbeitung wurden die Sachverhalte nach einer unverzüglichen fachlichen Sichtung dem Hessischen Landeskriminalamt übergeben.

Die Ermittlungen gestalten sich laut dem LKA Hessen als „überaus komplex“, da es sich um diverse verschiedene Tatbeteiligungen handele. Entsprechende Verfahren wurden eingeleitet.

Derzeit umfassen die Ermittlungen

  • sechs Komplexe mit 22 Tatvorwürfen gegen 17 Polizeibedienstete wegen des Vorwurfs der Körperverletzung im Amt,
  • vier Komplexe mit 11 Tatvorwürfen gegen 10 Polizeibedienstete wegen des Vorwurfs der Strafvereitelung im Amt und
  • fünf Komplexe mit 14 Tatvorwürfen gegen elf Polizeibedienstete wegen des Vorwurfs der Verfolgung Unschuldiger.

Bei den Einsatzmaßnahmen waren ca. 150 Beamtinnen und Beamte des Hessischen Landeskriminalamtes sowie Beamte der Staatsanwaltschaft beteiligt.

Gegen alle 17 Beschuldigten werden nun Disziplinarverfahren eingeleitet. Es ist zudem beabsichtigt, in 6 Fällen aufgrund besonders gravierender Vorwurfslagen unverzüglich das Verbot des Führens der Dienstgeschäfte auszusprechen.

Bei den Tatverdächtigen konnten mehrere Mobiltelefone und Datenträger aufgefunden und sichergestellt werden. Diese werden nun ausgewertet. Bislang liegen keine Hinweise auf ein extremistisches Motiv vor.

„Ein sehr gravierendes Fehlverhalten“

Hessens Innenminister Roman Poseck nahm heute Morgen bereits Stellung zu den Vorfällen:

„Die Tatvorwürfe wiegen sehr schwer. Es ist ein Grundpfeiler unseres Rechtsstaats, dass die Menschen darauf vertrauen können, dass die Polizei Gewalt nur bei Zwangsmaßnahmen und im Rahmen des erforderlichen Umfanges anwendet.“

Weiterhin konstatiert er, dass es sich bei den im Raum stehenden Übergriffen genauso wie beim Wegsehen um „ein sehr gravierendes Fehlverhalten“ handele, sollten sie sich im Rahmen der laufenden Ermittlungen bestätigen. Poseck fordert eine umfassende und lückenlose Aufklärung der Vorwürfe. Gleichzeitig spricht er sein Vertrauen für die hessische Polizei und die Beamten aus, „die ihre Aufgabe mit Integrität, Engagement und Professionalität ausfüllen“, und warnt vor Verallgemeinerungen.

„Mir kommt es auf eine klare Trennlinie zwischen den sehr wenigen Beamten, die sich mutmaßlich fehl verhalten haben, und den anderen mehr als 16.000 rechtschaffenen Polizisten in Hessen an. Im Hinblick auf erstere werden wir mit aller Härte durchgreifen. Das sind wir auch allen anderen Beamten schuldig, die weiter unsere volle Rückendeckung und Wertschätzung für ihre herausfordernde und wichtige Tätigkeit verdienen“, betont Innenminister Roman Poseck.

Unverzügliches Handeln

Innenminister Poseck kündigt eine personelle Neuaufstellung der betroffenen Dienstgruppe an. Soweit Beamte als Beschuldigte geführt werden, die bisherige Sachlage aber kein Verbot des Führens der Dienstschäfte rechtfertige, sei zudem sichergestellt, dass die Beamten bis auf Weiteres im Innendienst eingesetzt würden.

Darüber hinaus wird die Revierleitung ausgewechselt, auch wenn es derzeit keinerlei Anhaltspunkte für eine Vorwurfslage gegen die bisherige Spitze gebe. Das Innenministerium hält diesen Schritt dennoch für notwendig, um die Handlungsfähigkeit des Reviers zu sichern. Poseck dazu: „Eine sehr erfahrene Führungskraft, die bislang im Hessischen Polizeipräsidium Einsatz tätig war, wird die Leitung unmittelbar übernehmen.“

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