Taser bei der Bundespolizei: Kein grundsätzliches Nein

Bei einer öffentlichen Anhörung des Innenausschusses zur geplanten Einführung von Distanz-Elektroimpulsgeräten (DEIG) bei der Bundespolizei haben Experten in dieser Woche überwiegend zu größtmöglicher Zurückhaltung beim Einsatz der sogenannten Taser geraten. Ein grundsätzliches Verbot forderte jedoch niemand. Ein Überblick über die Meinungen vor dem Innenausschuss.

Taser bzw. DEIG sind bei den meisten Landespolizeien schon im Einsatz
Taser bzw. DEIG sind bei den meisten Landespolizeien schon im Einsatz
Foto: Security Network / Andre Luhmer

Die Bundesregierung plant mit dem „Ersten Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes“ eine rechtliche Grundlage für den DEIG-Einsatz zu schaffen. Nach einer langjährigen Erprobungsphase soll damit ein rechtssicherer Rahmen geschaffen werden.

Menschenrechtsorganisation warnt vor Verharmlosung

Anja Bienert von Amnesty International betonte, dass Taser gefährliche Waffen seien. Eine selektive Ausrüstung sei nur bei ausreichend begründeter operativer Notwendigkeit vertretbar. Besonders warnte sie vor einer Verharmlosung der Geräte: Dies berge das Risiko eines stetig zunehmenden Gebrauchs mit im Laufe der Zeit immer größerer Wahrscheinlichkeit tödlicher Ausgänge.

Der DEIG-Einsatz dürfe ausschließlich zur Vermeidung des Schusswaffeneinsatzes zulässig sein. Zudem forderte sie eine umfassende Rechenschaftspflicht und gesetzliche Normierung der Dokumentation.

Wissenschaftler: Nur bei unmittelbarer Lebensgefahr

Professor Thomas Feltes, Strafverteidiger und Gutachter, stellte unmissverständlich klar: Taser können töten. Ihr Einsatz eskaliere in bestimmten Fällen die Situation, statt sie zu entschärfen. Die in Deutschland fast glorifizierten Geräte sollten nur bei Personen eingesetzt werden dürfen, von denen eine unmittelbare lebensbedrohende Gefahr ausgehe.

Niemals dürften sie bei passivem Widerstand oder verbal aggressivem Verhalten zum Einsatz kommen. Feltes forderte eine obligatorische Bodycam-Aktivierung bei jedem DEIG-Einsatz – die technische Möglichkeit bestehe bereits.

Medizin sieht geringe, aber ernste Risiken

Professor Rüdiger Lessig vom Universitätsklinikum Halle erläuterte die medizinischen Aspekte: Die durch die Elektroden verursachten Verletzungen erforderten normalerweise keine operativen Maßnahmen. Schwerwiegende Verletzungen seien allerdings möglich, wenn Gesicht oder Genital getroffen würden.

Besondere Risiken bestünden bei kardialen Vorerkrankungen oder psychischen Erkrankungen. In der Literaturdatenbank habe er keine belegten Todesfälle gefunden. Der Rechtsmediziner empfahl eine EKG-Untersuchung nach jedem Einsatz, um Herzrhythmusstörungen nicht zu übersehen.

Polizeigewerkschaften begrüßen Einführung

Die Gewerkschaft der Polizei und die Deutsche Polizeigewerkschaft zeigten sich deutlich befürwortend. Andreas Roßkopf betonte, die Geräte schlössen eine sicherheitstaktische Lücke zwischen Pfefferspray und Schusswaffe. DEIG verursachten im Gegensatz zu Schusswaffen in der Regel nur geringe körperliche Beeinträchtigungen.

Heiko Teggatz berichtete von durchweg erfolgreichen Erfahrungen: Das sichtbare Mitführen habe dazu geführt, dass Gewalteskalationen gegenüber Polizisten stark zurückgegangen seien.

Beide Gewerkschaftsvertreter sprachen sich allerdings gegen die vorgesehene Einstufung als Waffe aus und empfahlen stattdessen die Einordnung als Hilfsmittel der körperlichen Gewalt. Dies erlaube eine flexiblere Prüfung der Verhältnismäßigkeit.

Verwaltungsexperte für klare Waffeneinstufung

Professor Marc Wagner von der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung widersprach dieser Einschätzung deutlich. DEIG würden von der Polizei in sämtlichen Bundesländern und in Deutschlands Nachbarländern genutzt. 14 Bundesländer stuften sie gesetzlich zutreffend und materiell-rechtlich zwingend als Waffe ein. Das Gesetzesvorhaben sei zu begrüßen, weil es eine Abkehr von der bisherigen rechtsgrundlosen exekutiven Zulassung als Hilfsmittel bedeute.

Wagner empfahl zudem eine gesetzliche Regelung für zukünftige Erprobungsphasen neuer Einsatzmittel, um Tests rechtssicher zu machen.

Fazit: Zustimmung mit strengen Auflagen

Die Anhörung zeigte einen Konsens: Die Einführung von Tasern bei der Bundespolizei wird nicht grundsätzlich abgelehnt, muss aber mit strengen Auflagen verbunden sein. Entscheidend werden die genaue gesetzliche Ausgestaltung der Einsatzgrenzen, die Dokumentationspflichten und die Schulung der Beamten sein.

Die Frage der Einstufung als Waffe oder Hilfsmittel bleibt umstritten und dürfte in den weiteren parlamentarischen Beratungen eine zentrale Rolle spielen.

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