Das Präsidium der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) hat am 25. Juni 2025 ein beachtenswertes Positionspapier zu den Herausforderungen für Wirtschaft in der neuen sicherheitspolitischen Lage beschlossen. Dabei wird ein wohltuend umfassender Blick auf alle Fragen der wirtschaftlichen Tätigkeit geworfen. Wohltuend deshalb, weil der Blick bislang häufig sehr verengt war auf die kritischen Bereiche der Wirtschaft und auf die Betriebe und Unternehmen der Kritischen Infrastruktur.
Dem DIHK-Präsidium kommt es besonders darauf an, dass auf allen Ebenen ein höheres Tempo etwa durch schnellere Verwaltungsverfahren und insgesamt weniger Bürokratie möglich wird. Es wird ein starker Fokus auf die Resilienz im Bereich der Cyber-, Energie- und Rohstoffsicherheit in neuen geopolitischen Lagen gelegt. Und es wird ein Rahmen für eine starke und innovative Sicherheits- und Verteidigungsindustrie mit dem Fokus auf Märkte, Industriepolitik und Finanzierung beschrieben.
Mich persönlich freut aber besonders, dass das schon im Alltag allgegenwärtige Thema Fachkräfte(mangel) in diesem Positionspapier prominent aufgegriffen wird. Viel zu lange haben wir in der Debatte hingenommen, dass jeder Bereich, jede Disziplin, jeder Zweig individuell plante und Personalbedarfe identifizierte. Endlich wird hier der Blick geweitet und herausgearbeitet, dass die wirtschaftliche Tätigkeit in einer Vielzahl von Bereichen in engen Wechselwirkungsbeziehungen zur sicherheitspolitischen Lage steht.
Wehrdienst und Arbeitsmarkt
Die Streitkräfte sprechen hier häufig von dem „Single Set Of Forces“, von der Tatsache, dass alles jeweils nur einmal vorhanden ist und geplant und eingesetzt werden kann. Genauso sieht es in Bezug auf Fachkräfte in Deutschland und auch im europäischen Ausland zivil und militärisch aus. Wenn also die Bundesregierung zu der Entscheidung kommen würde, die Wehrpflicht wieder einzuführen, dann hätte das neben vielen anderen Auswirkungen und Voraussetzungen für die Wirtschaft eine besonders große Bedeutung, weil gerade in den Mangelberufen schon so der „Kampf“ um Fachkräfte erheblich ist. Das DIHK-Positionspapier spricht sich daher dafür aus, eine stufenweise Einführung der Wehrpflicht zu prüfen und niederschwellige Freistellungen zu ermöglichen.
Tätigkeit in den Blaulichtorganisationen
Neben den besonderen Bedarfen der Bundeswehr wird auch die Tatsache thematisiert, dass sich im Spannungs- und Verteidigungsfall viele Beschäftigte der Wirtschaftsbetriebe in den anerkannten Hilfsorganisationen, im Brandschutz oder im Technischen Hilfswerk (den Blaulichtorganisationen) engagieren. Das Positionspapier gesteht allerdings auch ein, dass in vielen Betrieben schlicht nicht bekannt sei, welche Mitarbeitenden im Krisen- oder Kriegsfall eine solche „externe Dienstverpflichtung“ hätten. Daher werden Bund und Länder aufgefordert, die rechtlichen Voraussetzungen für eine entsprechende Abfrage zu ermöglichen.
Deutsche Staatsangehörigkeit als Herausforderung
Und noch einen wichtigen Punkt arbeitet das DIHK-Positionspapier heraus. Wenn die Wirtschaft zukünftig ein wichtiger und leistungsfähiger Unterstützer des Staates im Rahmen der zivilen Verteidigung sein soll – etwa durch logistische Ressourcen – dann benötigt es eine hinreichend breite Basis an Fahrpersonal mit deutscher Staatsangehörigkeit.
Da viele Beschäftigte in diesem Bereich aber inzwischen eine ausländische Staatsbürgerschaft aufweisen, so dass sie Spannungs- und Verteidigungsfall wahrscheinlich nicht eingesetzt werden können, schlägt der DIHK gezielte Qualifizierungsmaßnahmen im Rahmen des Wehrdienstes vor, so dass Wehrdienstleistende Lkw- oder Bus-Fahrberechtigungen erwerben könnten.
Fazit
Das Positionspapier der DIHK leistet einen wichtigen Beitrag zur Debatte rund um das Thema Gesamtverteidigung. Wie erste Auswertungen des Ukraine-Krieges zeigen, hängt die Durchhaltefähigkeit der zivilen und der militärischen Verteidigung ganz maßgeblich von der bestehenden Leistungsfähigkeit der Wirtschaft ab.
Ob Produkte des täglichen Lebens, Ersatzteile, eine robuste Logistik oder die Fähigkeit, ausgefallene Liefer- und Wertschöpfungsketten schnell zu substituieren, die Wirtschaft muss in alle Prozesse der Gesamtverteidigung schnellstmöglich einbezogen werden. Und dem Beispiel des DIHK sollten schnellstmöglich andere Politikbereiche und Verbände folgen: Die Realitäten zur Kenntnis nehmen und ihre Position, ihre Herausforderungen und ja auch ihre konkreten Probleme benennen und adressieren.
Das vollständige Positionspapier der DIHK finden Sie übrigens hier: https://www.dihk.de/resource/blob/135450/25f8df1924640992aef44807851f1e3d/wirtschaftspolitik-dihk-position-verteidigung-2025-data.pdf
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