Flexible Einsatzmöglichkeiten von DRK-Fahrzeugen und -Mitteln für effizienten Bevölkerungsschutz

Um der steigenden Komplexität heutiger Krisen und Katastrophen gerecht zu werden, legt das DRK einen Schwerpunkt darauf die zuverlässige Versorgung der von einer Katastrophe betroffenen Bevölkerung zu gewährleisten. Das DRK entwickelt dazu neue technischen und einsatztaktischen Ansätze. Sowohl Materialien werden so konzipiert, also auch Fähigkeiten so angelegt, dass diese – je nach Bedarf und Einsatz – multiple Rollen erfüllen können.
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Globale Herausforderungen, wie die COVID-19 Pandemie, Konflikte, Naturkatastrophen, und insbesondere die Klimakrise, stellen erhebliche Risiken für den nationalen Bevölkerungsschutz dar. Die Zunahme von extremen Wetterereignissen hat vielfältige ­Folgen für die Gesundheit und das soziale Leben. Auch hierzulande ist das DRK mit den Auswirkungen des Klimawandels konfrontiert (z. B. Elbefluten 2002 und 2013, Schneefall Münsterland 2005, Wintereinbruch Bayern 2019, Starkregen Ahrtal 2021 und das Winterhochwasser 2023/2024) und agiert oftmals in Situationen des Zusammenbruchs normaler Infrastruktur. Lokale Maßnahmen sind entscheidend, um diesen Risiken effektiv zu begegnen.

Darüber hinaus führt der demografische Wandel dazu, dass immer mehr ältere Menschen auf Gesundheits- und Sozialfürsorgedienste angewiesen sind, die gegen länger anhaltende Notlagen nicht gewappnet sind. In Zukunft wird es mehr Menschen geben, die Pflege brauchen, mit einer wachsenden Tendenz zur Individualisierung von Bedürfnissen. Die Anzahl der Migrierenden und Geflüchteten als Folge von Konflikten, Klimawandel und Armut ist weltweit erheblich gestiegen und wird voraussichtlich weiter steigen.

Die Ebola Epidemie von 2014 bis 2016, und nicht zuletzt die Covid-19 Pandemie haben Lücken im gesundheitlichen Bevölkerungsschutz offenbart, die es zu schließen gilt. Die Folgen ­globaler Abhängigkeiten können besonders für die Gesundheitsversorgung katastrophal sein. Und nicht zuletzt gibt es An­passungs­bedarfe für kritische Infrastrukturen da sich das sicherheitspolitische Umfeld verändert hat und Bedrohungen durch multiple Krisen, wie zum Beispiel den Krieg in der Ukraine, zunehmen.

Die Ausgestaltung des Bevölkerungsschutzes muss auf eine Bandbreite von vorhersehbaren und unerwarteten Ereignissen, von lokalen Notfällen bis hin zu übergreifenden Großschadenslagen, vorbereitet sein und diese antizipieren. Mit einem Fokus auf die Ursachen spezifischer Vulnerabilität sollen vorausschauende und innovative Lösungen dazu beitragen, im Ernstfall schnell agieren zu können. Einsatzmittel sollen in verschiedenen Phasen eines Einsatzes verschiedene Aufgaben abdecken.

Diese sogenannte Mehrrollenfähigkeit ist wichtig, da die genauen Einsatzrealitäten und Bedarfe im Zivilschutzfall nicht vollständig vorherzusagen sind. Mit einer überschaubaren Anzahl von Fahrzeugen und Einsatzmitteln muss demnach ein möglichst großes Spektrum an Szenarien und Einsatzspektren bedient werden können, um die Grundbedürfnisse der Bevölkerung auf breiter Ebene, autark und unmittelbar zu gewährleisten.

Die Mehrrollenfähigkeit basiert auf der Kompatibilität von Materialien, logistischen Anforderungen und technischen Ausgestaltungen. Einheitliche Hüllenkonzepte, wie 20-Fuß-Container, kranbar und mit Stapler zu versetzen und mit einheitlichen Abmessungen auf Euro-Paletten, ermöglichen die notwendige Vielseitigkeit im Einsatz.

DRK-Sondereinsatzfahrzeuge im Dienst des Bevölkerungsschutzes: Erkenntnisse aus der Praxis

In großflächigen Schadenslagen mobilisiert das DRK die benötigten Materialien aus ganz Deutschland und transportiert diese ins Einsatzgebiet zur Versorgung und Betreuung der Betroffenen und zur provisorischen Wiederherstellung zerstörter Infrastruktur. Die dazu notwendigen logistischen Abläufe sind aufwendig, und eine zentrale Vorhaltung ist von Vorteil, um eine schnelle Verfügbarkeit zu gewährleisten. Durch die Bereitstellung der Engpassressourcen an einem Ort, kann eine Mobilisierung sehr kurzfristig erfolgen und die benötigten Materialien können schnell an den Einsatzorten bereitgestellt werden.

Es werden vorrangig geländefähige und geländegängige Fahrzeuge vorgesehen. Dies ist jedoch nicht immer möglich oder wirtschaftlich umsetzbar. Logistikfahrzeuge ohne Allrad kommen ebenfalls zum Einsatz, stoßen jedoch bei entsprechend schwierigen Straßenverhältnissen an ihre Grenzen. Diese Fahrzeuge können in Kombination mit geländegängigen und geländefähigen Fahrzeugen effektiv eingesetzt werden und bei Bedarf kann aus ­Zwischenlagern umgeladen werden. Falls Straßeninfrastruktur zerstört oder beschädigt ist, können Materialien auch über Schienen und mit Hilfe von Kleinbooten zum Bestimmungsort bewegt werden.

Logistik: Scania 6×6

In (Groß-)Schadenslagen wird verlässlicher Materialtransport immer wichtiger. Für das DRK gewinnt insbesondere der Transport von Spezialcontainern immer mehr an Bedeutung. Das Fahrzeug auf Basis eines Scania 6×6 ist mit Plane-Spriegel ausgestattet, verfügt dabei aber auch über die Möglichkeit des ISO-Containertransportes. Auch die Möglichkeit des Gefahrguttransports wird abgedeckt. Das Fahrzeug verfügt über eine Seilwinde zur Bergung, eine manuelle Reifendruckregelanlage und weitere mobilitätserweiternde Maßnahmen.

Nur in Kombination mit entsprechenden Aus- und Weiterbildungen kann das volle Potenzial dieses Einsatzmittels ausgeschöpft werden. Aus diesem Grund ist das Fahrerhaus so ausgebaut, dass es über ausreichend Sitzplätze und Vorbereitungen für den Betrieb als Fahrschulauto verfügt.

Logistik: Mercedes 8×8

Zum Aufladen, Befördern, Abladen und Versetzen der Container wird ein Fahrzeug benötigt, dass über eine Hebevorrichtung (Ladekran als Mittelkran) verfügt. Der geländegängige Allrad LKW Mercedes Arocs mit Radformel 8×8 wird im Betrieb mit einem Anhänger kombiniert, der ebenfalls zur Beförderung von Con­tainern ausgelegt ist. Die Ausladung des Ladekrans ermöglicht es, den auf dem Anhänger mitgeführten Container von diesem zu heben und zu versetzen. Der LKW verfügt über eine Pritsche inklusive Verriegelungsmöglichkeiten für 1×20 Fuß ISO Container. Der Ladekran kann Container bis zu 7.000kg versetzen. Die Ausladung beträgt 12,00m und die Hubhöhe 10,00m.

Logistik: Scania Sattelzugmaschine

Weitere Transportbedarfe werden durch Sattelzugmaschinen und Sattelauflieger abgedeckt. Auch hier wird auf Mehrrollenfähigkeit gesetzt. Die Sattelzugmaschine kann durch eine flexibel anzubringende Ballastpritsche neben Sattelaufliegern auch andere Anhänger bewegen. Die Ballastpritsche kann darüber hinaus auch für den Transport von Schüttgut oder Paletten-Ware eingesetzt werden.

Feldumschlag: Teleskopstapler

Zum Stapeln von Containern, Ersatzstromerzeugern, palettierter Waren und Stückgut sowie zum Feldumschlag im Gelände sind verschiedene Gabelstapler mit verschiedenen Hublasten und Gabelträgern vorgesehen. Neben Mitnahmestaplern sind auch Teleskopstapler nötig, die darüberhinausgehende Aufgabenbereiche abdecken können. Hierzu sind spezielle Anbauteile er­forderlich.

Zu den weiteren Aufgabenbereichen gehören das Arbeiten mit einer Hebebühne um Antennenanlagen, Lichtmaste oder Großzelte zu erreichen, sowie schwere Lasten mittels Kranhaken und hydraulischer Winde zu bewegen. Zur bautechnischen Bearbeitung von Geländeoberflächen bezüglich der Ebenheit und Neigung ist eine Schaufel Bestandteil der Anbauteile. Sämtliche Anbauteile des Teleskopstaplers werden in einem Rahmengestell in 20fuß ­Containergröße verlastet und können so sicher gelagert und transportiert werden. Dabei können alle verlasteten Anbauteile unabhängig voneinander aus dem Containerrahmen entnommen werden.

Feldumschlag: Radlader und Minibagger

Zerstörte Infrastruktur stellt die logistischen Abläufe in einer Katastrophenlage vor eine große Herausforderung. Um auf mögliche Einsatzszenarien vorbereitet zu sein, werden Fahrzeuge zur technischen Unterstützung bereitgehalten. Dazu zählen Mini­bagger und Radlader. Der Minibagger ist in der Lage sehr präzise kleinere Erdbewegungen durchzuführen, Boden zu ebnen und insbesondere auch Gräben auszuheben, die zum (frostfreien) Verlegen von Wasser- und Abwasserrohren, Kabeln und anderen Leitungen notwendig sind.

Diese Möglichkeiten werden durch den Radlader ergänzt, der großflächige Erdbewegungen, Planieren, Räumen und Wegebau abdecken kann. Einsätze sind in verschiedenen klimatischen Bedingungen, auch im Winter, realistisch. Glatteis, Eis und Schnee können schnell zu einem Hindernis für Logistik und reibungslose Verläufe im Aufbau, aber auch Betrieb werden. Deshalb ist der Radlader ausgestattet, um im Feldumschlag zu unterstützen und Schnee und Eis zu räumen. Er kann auch Mobilitätsunterstützung bei der Bergung von Fahrzeugen sowie Abschleppdienste durchführen.

Medizinische Versorgung: MMVe

Eine Mobile Medizinische Versorgungseinheit baut auf einem Sattelauflieger mit Kastenkonstruktion auf. Der Innenbereich der MMVe teilt sich in 4 verschiedene Arbeitsbereiche auf: Empfang/Patientenregistrierung, Sprechzimmer, Behandlungsraum und Personalaufenthalt.

Autoren: Reinhold Erdt, Oliver Pitzer, Dennis Förster, Philipp Wiesener

Erstmals erschienen in: Crisis Prevention 1/2024

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