Im Rahmen des 12. Symposiums Leitstelle aktuell in Bremerhaven hat der Fachverband Leitstellen e. V. die Bremerhavener Erklärung verabschiedet. Sie ruft Politik und Leitstellenverantwortliche dazu auf, endlich verbindliche, evidenzbasierte Standards für die Notrufbearbeitung flächendeckend in allen notrufannehmenden Leitstellen im deutschsprachigen Raum einzuführen. Ziel ist es, die Qualität und Sicherheit im Notrufbearbeitungs- und Dispositionsprozess zuverlässig und nachhaltig zu gewährleisten. Die Erklärung benennt zehn zentrale Handlungsfelder, darunter standardisierte Notrufabfrageprotokolle, die verpflichtende Durchführung von telefonisch angeleiteten Reanimationen (T-CPR), Systeme zur Alarmierung qualifizierter Ersthelfender sowie ein wirksames Qualitäts- und Risikomanagement.
„Jeder Notruf muss nach den gleichen, hohen Standards bearbeitet werden – unabhängig davon, wer anruft oder wer den Notruf entgegennimmt“, betont der Vorsitzende Marc Gistrichovsky.
Besonders dringlich ist die flächendeckende Einführung von standardisierten Notrufabfrageprotokollen. Sie sorgen für eine nachvollziehbare, einheitliche und sichere Bewertung von Notrufinhalten – und stellen damit ein zentrales Instrument zur Vermeidung von Fehlern und zur Erhöhung der Patientensicherheit dar. Die sogenannte „strukturierte Notrufabfrage“, wie sie teils noch eingesetzt wird, oder gar eine individuelle „freie Abfrage“ reichen dafür nicht aus.
Auch die telefonische Anleitung zur Reanimation muss verpflichtender und selbstverständlicher Bestandteil jeder Leitstelle werden. Ihre Wirksamkeit ist wissenschaftlich belegt: Sie rettet nachweislich Leben. Zur weiteren Verbesserung der Reaktionszeiten bei Herz-Kreislauf-Stillständen fordert der Fachverband zudem die flächendeckende Einführung und langfristige Sicherstellung der Finanzierung von Ersthelfer-Alarmierungssystemen (EHAS). Diese digitalen Systeme in Form einer Mobiltelefon-App ermöglichen es, qualifizierte Ersthelfer aus der Umgebung noch vor dem Eintreffen des Rettungsdienstes schnell zu informieren und zum Einsatzort zu führen.
Flankierend dazu braucht es ein flächendeckendes und durch die Leitstellenträger datenschutzkonform umsetzbares Qualitätsmanagement, die Einführung von Critical Incident Reporting Systemen (CIRS) sowie eine klare Definition und Erfassung von „Never Events“ für Leitstellen. Auch der Schutz vor IT-Angriffen und Ausfällen muss sichergestellt werden. Hierzu verweist der Fachverband auf das IT-Grundschutzprofil für Leitstellen des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), das bundesweit verpflichtend umgesetzt werden sollte. Nicht zuletzt wird die einheitliche Einbindung der ärztlichen Leitungen in die Weiterentwicklung von Notrufprotokollen und Dispositionsrichtlinien gefordert, ebenso eine gesetzliche Einordnung der Leitstellen als Kritische Infrastrukturen (KRITIS) im Bereich „Staat und Verwaltung“.
„Die Größe einer Leitstelle darf kein Hinderungsgrund für die Einführung dieser Standards sein. Patientensicherheit ist nicht verhandelbar“, so der Fachverband weiter. Die Bremerhavener Erklärung versteht sich als Aufruf zur politischen Handlung und Verwaltungsverantwortung. Der Fachverband Leitstellen e. V. bietet seine aktive Unterstützung bei der Umsetzung der formulierten Forderungen an.
Über den Fachverband Leitstellen e.V.
Der 2014 gegründete Fachverband Leitstellen e.V. setzt sich satzungsgemäß für die Schaffung und Etablierung von Standards in den deutschsprachigen Leitstellen ein und fördert den fachlichen Austausch sowie interprofessionelle Netzwerke. Im deutschsprachigen Raum gehören ihm mehr als 370 Mitglieder an.
Quelle: Fachverband Leitstellen e. V.
Mit WhatsApp immer auf dem neuesten Stand bleiben!
Abonnieren Sie unseren WhatsApp-Kanal, um die Neuigkeiten direkt auf Ihr Handy zu erhalten. Einfach den QR-Code auf Ihrem Smartphone einscannen oder – sollten Sie hier bereits mit Ihrem Mobile lesen – diesem Link folgen:
