Elektrische Polizeimotorräder: Zukunft auf dem Vormarsch?

Eine Umfrage des CPM Security Network zeigt: Alle Länder setzen für ihre polizeilichen Motorradstaffeln auf den Hersteller BMW – jedenfalls bei Verbrennermotoren. Insbesondere die BMW-Modelle R 1200 RT und R 1250 RT sind neben einigen F- und G-Modellen weit verbreitet und als Polizeimotorräder seit langem etabliert. Dieses Verbrenner-Monopol wird seit wenigen Jahren allerdings um Motorräder mit elektrischem Antrieb bereichert. In diesem Artikel betrachten wir, welche Modelle bereits im Einsatz sind, was gerade von wem getestet wird und wo die Grenzen von E-Motorrädern liegen.

Das BMW-Modell RT 1200 am Lambertikirchplatz in Münster. Verbrenner, nicht elektrisch
Das BMW-Modell RT 1200 am Lambertikirchplatz in Münster
Foto: Dietmar Rabich / Wikimedia Commons / “Münster, Lambertikirchplatz, Motorrad -- 2019 -- 3594” / CC BY-SA 4.0

Polizeimotorräder: Beschaffung und technische Anforderungen

Kräder werden im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel in einem öffentlichen Vergabeverfahren beschafft. Um klar festzulegen, welche Anforderungen an ein Krad für den polizeilichen Einsatz gestellt werden, wird hierfür eine mit den Nutzern abgestimmte Leistungsbeschreibung erstellt und produktneutral im Einrechnungsgeschäft ausgeschrieben. Ein gutes Polizeimotorrad zeichnet sich entsprechend der Angaben der Länder, die auf unsere Anfrage geantwortet haben, durch Zuverlässigkeit und besondere Fahreigenschaften aus, die für den Einsatz notwendig sind.

Es benötigt eine hohe Leistungsfähigkeit mit schneller Beschleunigung und ausreichender Höchstgeschwindigkeit, um Verfolgungen oder schnelle Reaktionen zu ermöglichen. Sachsen fordert in der öffentlichen Ausschreibung für die Motorräder der Landespolizei beispielsweise eine Höchstgeschwindigkeit von mehr als 200 km/h.

Zudem sind eine gute Wendigkeit und ein sicheres Handling, vor allem in städtischen Gebieten oder bei dichten Verkehrsverhältnissen, essenziell. Außerdem sollten die Motorräder durch große Flächen gut sichtbar sein und dennoch eine geringe Windanfälligkeit aufweisen.

Damit die Motorräder schon von weitem als Polizeimotorräder erkenntlich sind, sollen sie eine möglichst große Fläche aufweisen, um in der Silhouette möglichst breit zu erscheinen. Die Flächen werden zusätzlich speziell foliert (blau, gelb und reflektierend).

Da lange Dienstschichten üblich sind, ist auch der Komfort für den Fahrer wichtig: Mehrere Länder legen daher Wert darauf, dass die Kräder über entsprechende Vorrichtungen zum Wetterschutz, ein stufenlos verstellbares Windschild und eine Sitzheizung verfügen. Moderne Sicherheitsausstattungen wie ABS, Traktionskontrolle und eine effektive Beleuchtung erhöhen die Sicherheit zusätzlich. Schließlich muss das Fahrzeug polizeispezifisch umgebaut sein, um Platz für Ausrüstung wie Kommunikationsgeräte, Blaulicht, Sirenen, Gepäckfächer und Energieversorgung für die Zusatzgeräte zu bieten.

Wichtig sind auch Reichweite und Verbrauch: Verbrenner benötigen ein ausreichendes Tankvolumen bei geringem Verbrauch, Elektromotorräder dagegen leistungsstarke Akkus mit kurzen Ladezyklen. Thüringen fordert beispielsweise eine Reichweite von ca. 300 Kilometern, Sachsen von mindestens 400 Kilometern. Diese Angaben können also je nach Beschaffenheit des Landes und der Verteilung von Motorradstaffeln variieren.

Insgesamt sollten Motorräder für den Einsatz im polizeilichen Kontext langlebig und wirtschaftlich, wartungsarm und störungssicher sein, um verlässlich eingesetzt werden zu können. Sie müssen die Polizeibeamten optimal bei ihren Einsätzen unterstützen.

Welche Motorräder nicht für den polizeilichen Einsatz geeignet sind

Da die polizeilichen Motorräder ein großes Spektrum an Verwendungsmöglichkeiten abdecken müssen, ist ein „Allrounder“ der Oberklasse als Motorrad am besten geeignet. Dementsprechend sind Motorräder, die man als „Nischenfahrzeuge“ bezeichnen könnte, wie z. B. Supersportler, Chopper oder Custombikes für den polizeilichen Gebrauch nicht geeignet. Sie sind häufig zu schwer, zu unkomfortabel und weisen Schwierigkeiten bei der Modifizierung für den Polizeieinsatz auf.

Die meisten handelsüblichen Motorräder besitzen zudem keine Freigabe zur elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV), welche allerdings für die Einrichtung von Funk und Sondersignalanlagen zwingend erforderlich ist.

Ein Schritt zur Verkehrswende: Elektrische Polizeimotorräder?

Elektrische Motorräder gewinnen aufgrund ihrer Umweltfreundlichkeit und leisen Fahrweise zunehmend an Bedeutung im Polizeidienst. Modelle wie die Zero DS ZF werden in Sachsen-Anhalt bereits getestet und insbesondere in sensiblen Einsatzbereichen wie Naherholungszonen, Parks, Kuranlagen und Innenstadtgebieten eingesetzt. So verfährt auch die Polizei in Bremen.

Welche Antriebssysteme werden für Polizeimotorräder in der Bundesrepublik genutzt? Ergebnisse der Umfrage des CPM Security Networks
Welche Antriebssysteme werden für Polizeimotorräder in der Bundesrepublik genutzt? Ergebnisse der Umfrage des CPM Security Networks.
Rot: Nur Verbrenner ; Orange: Verbrenner + Testung von Elektrischen ; Gelb: Mix aus Verbrenner und Elektrischen ; Grau: Keine Rückmeldung auf die Anfrage

Auch bei der Begleitung von Umzügen oder Demonstrationen erweisen sie sich als zweckmäßig, da sie keine Abgase verursachen und weniger störend in der Umgebung wahrgenommen werden. Ihre Vorteile sind der emissionsfreie Betrieb, geringere Betriebskosten und die reduzierte Geräuschentwicklung. Im laufenden Jahr plant die Landespolizei Sachsen-Anhalt, weitere elektrische Funkkrafträder in ihren Fuhrpark aufzunehmen.

Auch Hessen testet seit 2022 verschiedene Modelle des Herstellers Zero. Die bisherigen Erfahrungen zeigen laut einem Sprecher der Polizei Hessen, dass ein Ersatz der konventionellen Motorräder durch elektrisch angetriebene aufgrund der Akkuleistungen noch nicht gänzlich möglich ist.

Die Polizei Baden-Württemberg erprobt seit Juni 2020 respektive Juni 2021 den Einsatz von zwei E-Motorrädern des Herstellers Zero Motorcycles. Es handelt sich dabei um das Modell DS ZF 12.5 sowie um das Modell SR/S 14.4. Die E-Motorräder waren bisher landesweit bei mehreren Verkehrspolizeidienststellen im Polizeidienst eingesetzt, um möglichst breit gefächerte Erfahrungen bei unterschiedlicher Topografie, städtische bzw. ländliche Bereiche, unterschiedlichen Witterungsbedingungen bis hin zu verschiedensten Einsatzlagen zu gewinnen.

Begrenzte Batteriekapazität – Kompromisse notwendig

Hinsichtlich ihrer Batteriekapazität und des mangelnden Platzangebots für Ausrüstung oder fehlende Funk/Sondersignalanlage, erfordern die in Baden-Württemberg getesteten Modelle jedoch Kompromisse. Die Landespolizei wird daher den weiteren technischen Fortschritt aktiv begleiten und zu gegebener Zeit eine Integration von weiteren E-Motorrädern in den Polizeifuhrpark prüfen.

Derzeit werden auch in Mecklenburg-Vorpommern im Rahmen einer Pilotierung zwei vollelektrische Motorräder des Typs ZERO DSR ZF14.4 erprobt. Der abschießende Erfahrungsbericht steht noch aus. Nordrhein-Westfalen prüft derweil, ob in Zukunft eine Erprobung von E-Motorrädern für die Polizei erfolgen wird.

Im Land Brandenburg gibt es nur einen Krad- und Eskortendienst, der teilweise mehrere hundert Kilometer für einen Einsatz zurücklegen muss. Ein Laden des Motorrades im Einsatz ist nicht möglich, daher wurde dort eine elektrische Variante dieses Einsatzmittels bisher als nicht zweckmäßig erachtet.

Fazit: Länder haben zu verschiedene Einstellungen zu elektrischen Motorrädern

Zu einem ähnlichen Urteil kam die Polizei in Bayern in der Vergangenheit: Die hauptsächlichen Negativpunkte waren zum Zeitpunkt erster Prüfungen in der Reichweite, der Größe, als auch in der Leistung begründet. Da inzwischen größere, leistungsstärkere elektrische Motorräder mit einer höheren Reichweite auf dem Markt verfügbar sind, startet aktuell eine neue Testphase mit zwei Modellen von Zero: „Wir wollen die Elektromobilität bei der Bayerischen Polizei stärken und deren Fuhrpark nachhaltiger gestalten“, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann bei einer Pressekonferenz am Dienstag.

Sprecher des sächsischen und des rheinland-pfälzischen Innenministeriums, der Polizei Schleswig-Holstein, und der Polizei Thüringen teilten auf unsere Anfrage hin mit, dass in den Motorradstaffeln der jeweiligen Landespolizeien derzeit keine elektrischen Motorräder getestet oder verwendet werden und keine Anschaffung in Aussicht ist.

Elektrische Motorräder sind dagegen seit mehreren Jahren bereits ein fester Bestandteil der polizeilichen Fuhrparks in Niedersachsen. Sie ergänzen die taktischen Möglichkeiten der Polizei bei unterschiedlichen Einsatzanlässen.

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