Die digitale Infrastruktur wird zunehmend zum Fundament staatlicher Handlungsfähigkeit. Dr. Bernhard Rabert von Netz33 stellte beim Symposium der PMRExpo 2025 ein ambitioniertes Projekt vor: den Aufbau eines 33.000 Kilometer umfassenden Glasfasernetzes, das Deutschland eine sichere und resiliente digitale Verbindung garantieren soll.
Kritische Infrastruktur in der Zeitenwende
Kritische Infrastrukturen sind kein neues Konzept. Bereits die Römer erkannten die Bedeutung von Limes, Aquädukten und Straßensystemen für ihre Handlungsfähigkeit. Heute umfasst die kritische Infrastruktur elf definierte Bereiche, darunter Energie, Verwaltung sowie Finanz- und Versicherungswesen.
Die Bundesregierung hat nach jahrelanger Diskussion das KRITIS-Dachgesetz verabschiedet und die NIS-2-Rahmenrichtlinien umgesetzt. Die Bedrohungslage ist währenddessen real: Wer heute Datenströme kontrolliert, kontrolliert die Handlungsfähigkeit von Streitkräften und kritischen Systemen.
Lehren aus jüngsten Sabotageakten
Die Verwundbarkeit bestehender Systeme zeigte sich bei mehreren Vorfällen bei der Deutschen Bahn. Durch gezielte Sabotageakte am Funksystem wurde zweimal halb Norddeutschland lahmgelegt. Die Angreifer benötigten tiefes Insiderwissen über die Logistik, ähnlich wie bei Angriffen auf Energieversorger. Diese Vorfälle verdeutlichen: Ohne sichere und redundante Netze sind zentrale Infrastrukturen extrem verwundbar.
Lösungsvorschlag: Hochvermaschte Ringstruktur
Netz33 hat ein innovatives Konzept entwickelt, das auf einer ringförmigen Netzarchitektur basiert. Das Kernelement sind rund 300 Ringe, die entlang der Bahninfrastruktur, sowohl von der Deutschen Bahn als auch von privaten Bahnbetreibern, verlegt werden. In Brandenburg beispielsweise verfügt die DESAG über 460 Kilometer und die LEAG über 310 Kilometer geeignete Trassen.
Die entscheidende Innovation liegt im automatischen Umrouting: Selbst wenn 20 oder 30 Ringe gleichzeitig angegriffen werden, bleibt das Netz stabil. Die Daten werden in Lichtgeschwindigkeit über alternative Routen umgeleitet, die von Anfang an eingeplant sind.
Technologie ohne Hintertüren
Das Projekt setzt konsequent auf sichere Technologie. In Zusammenarbeit mit Corning, dem Weltmarktführer für Glasfasertechnologie, werden ausschließlich Komponenten aus vertrauenswürdigen Ländern verwendet. Das 654E-Kabel von Corning ermöglicht Datenübertragungsraten von 900 Gigabit bis maximal 1,3 Terabit. Netz33 verlegt stets zwei Kabel mit jeweils 288 Fasern, davon 40 vom Typ 654E – insgesamt also 80 Hochleistungsfasern pro Strecke.
Diese Vorgabe ist nicht neu: Bereits 2019 definierten die USA für Systeme wie die F-35, dass sichere und resiliente Netze keine Technologien und Zulieferer aus problematischen Ländern wie Russland oder China enthalten sollten. Deutschland hat dieses Dokument anerkannt und unterschrieben, doch marktwirtschaftliche Überlegungen führten in der Vergangenheit oft zu anderen Entscheidungen.
Fiber Optic Sensing: Angriffe erkennen, bevor sie passieren
Ein besonders innovativer Aspekt ist das Fiber Optic Sensing. Diese Technologie ermöglicht es, Annäherungen an das Kabel bereits aus etwa 100 Metern Entfernung zu erkennen – über Temperaturveränderungen, Geräusche und Vibrationen. Das System weiß genau, wann, wie und wie viele Personen sich nähern.
Die entscheidende Sicherheitsmaßnahme: Bevor ein Schaden eintritt, wird die betroffene Teilstrecke von vier bis sieben Kilometern physikalisch abgeschaltet. An jedem Endpunkt können die Kabel wie bei der klassischen Telefonvermittlung physisch herausgezogen werden. Dies garantiert hundertprozentig, dass kein Eindringen möglich ist.
Von privatem Mittelstand finanziert
Hinter dem Projekt steht die Niedax-Gruppe, ein deutscher Mittelständler mit einer Milliarde Euro Umsatz, zusammen mit Partnern wie Corning und Apex Sensing. Im kommenden Monat beginnt der Bau einer Teststrecke in Herzberg, Brandenburg – genau dort, wo heute wichtige militärische Einrichtungen wie das Aero in Schönefeld und die Kasernen in Holzdorf liegen.
Die 130 Kilometer lange Teststrecke steht jedem Unternehmen und jeder staatlichen Stelle zum Austesten zur Verfügung. Das Netz kann beispielsweise auch im zivilen Bereich genutzt werden, etwa zur Evakuierung von Rechenzentren.
Paradigmenwechsel erforderlich
Das neue KRITIS-Dachgesetz wird etwa 30.000 Unternehmen betreffen und Bund sowie Länder zu deutlich mehr Engagement zwingen. Der Paradigmenwechsel ist klar: Datennetze dürfen nicht länger rein betriebswirtschaftlich optimiert werden, sondern müssen sicherheitsorientiert aufgebaut sein.
Die äußere Sicherheit Deutschlands hängt in großem Maßstab von sicherer und resilienter Infrastruktur ab – und genau hier setzt Netz33 an. Dr. Rabert appelliert deutlich: Digitale Resilienz ist machbar, wenn man von Anfang an auf Sicherheit anstatt auf den niedrigsten Preis setzt.
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