Die Bundesrepublik Deutschland hat eine Vielzahl von Sicherstellungsgesetzen. Etwa das Postsicherstellungsgesetz, das Verkehrssicherstellungsgesetz, oder das Energiesicherungsgesetz. Nur nach einem Gesundheitssicherstellungsgesetz hält man bisher vergeblich Ausschau.
Gesundheitssicherstellungsgesetz – Eine never ending story?
Dabei lassen sich die Bemühungen um ein Gesundheitssicherstellungsgesetz als „Gesetz zur Regelung des Gesundheitswesens im Katastrophen- und –verteidigungsfall bis in die 1970er-Jahre zurückverfolgen. Damals war insbesondere die Bundesärztekammer Treiber dieses Gesetzesvorhabens.
Eine erste Lesung im Deutschen Bundestag, die sicher zu einer breiteren öffentlichen Debatte geführt hätte und auch die weitere parlamentarische Debatte in den Ausschüssen befördert hätte, ist schon damals offensichtlich durch den aufziehenden Wahlkampf zur Bundestagswahl 1980 verhindert worden. In den folgenden Jahren gab es dann immer wieder vereinzelte Versuche, das Thema neu anzugehen, der Erfolg blieb diesen Bemühungen aber verwehrt.
Gesundheitssicherstellungsgesetz – Die Ampel
Die vormalige Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP erkannte bereits in ihrem Koalitionsvertrag im Jahre 2021 die Notwendigkeit an, ein Gesundheitssicherstellungsgesetz im Kontext der verschärften Sicherheits- und Bedrohungslage auf den Weg zu bringen. Man stellte sich dabei insbesondere die effiziente und dezentrale Bevorratung von Arzneimittel- und Medizinprodukten sowie regelmäßige Ernstfallübungen für das Personal für Gesundheitskrisen vor.
Im März 2024 legte Bundesminister Karl Lauterbach nach, in dem er forderte, das Gesundheitswese nicht nur für künftige Pandemien, sondern auch für große Katastrophen und eventuelle militärische Konflikte besser aufzustellen. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf kündigte der Minister für den Sommer des Jahres an. Durch das Auseinanderbrechen der Ampel-Koalition und das vorzeitige Ende der Legislaturperiode ist es allerdings dazu nicht mehr gekommen.
Gesundheitssicherstellungsgesetz – Reicht das?
Im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung findet sich das Vorhaben „Gesundheitssicherstellungsgesetz“ zwar nicht ausdrücklich, aber im Zuge der allgemeinen politischen Aktivitäten und gesetzlichen Initiativen im Kontext der Kriegstüchtigkeit bis 2029 wird sich die Frage nach einem Gesundheitssicherstellungsgesetz und die damit verbundene Regelungslücke sehr bald wieder stellen.
Aber reicht es wirklich, ein reines Sicherstellungsgesetz auf den Weg zu bringen? Ein Blick in das umfangreiche Glossar des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) gibt uns unter dem Stichwort „Sicherstellungs- und Vorsorgegesetze“ einen wichtigen Hinweis: Demnach handelt es sich um Bundesgesetze, die dem Ziel dienen, besondere Gefahrenlagen zu bewältigen.
Dabei ist zwischen Sicherstellungsgesetzen, die grundsätzlich nur anwendbar sind, wenn die Voraussetzungen des Zustimmungs-, Bündnis-, Spannungs- oder Verteidigungsfalls vorliegen und Vorsorgegesetzen zu differenzieren, die zusätzlich dann anwendbar sind, wenn besondere Gefahrenlagen, etwa Krisen, Naturkatastrophen oder besonders schwere Unglücksfälle, bzw. Großschadenslagen vorherrschen.
Ziel ist es, die Versorgung der Zivilbevölkerung und der Streitkräfte, mit den erforderlichen Gütern und Leistungen sicherzustellen. Aber ist es in einem derart heterogenen Bereich wie der Gesundheitsversorgung tatsächlich vorstellbar, dieses Ziel mit einem reinen Sicherstellungsgesetz zu erreichen?
Schon die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass das deutsche Gesundheitswesen zwar grundsätzlich sehr leistungsfähig ist, aber Zeitdruck, fehlende Vorbereitung und Vorplanung und die fehlende Einbindung von Akteuren diese Leistungsfähigkeit unnötig beeinträchtigen.
Gesundheitssicherstellungsgesetz – Was nun?
Wenn also die vorbeugende und die reaktive Gefahrenabwehr im Frieden und im Verteidigungsfall gleichberechtigt nebeneinanderstehen, dann ist im zuvor beschriebenen Sinne nur ein Gesundheitssicherstellungs- und –vorsorgegesetz (GSVG) zielführend.
In unserem heterogenen Gesundheitssystem, mit seinen vielfältigen Zuständigkeiten, Aufgaben und Akteuren ist es nicht vorstellbar, dass auf der Grundlage eines reinen Gesundheitssicherstellungsgesetzes in einem vertretbaren zeitlichen Rahmen das auf die Alltagsversorgung im Frieden ausgerichtete Gesundheitssystem auf ein neu sortiertes und mit anderen Schwerpunkten versehenes Gesundheitssystem der Massenversorgung im Kontext der Landes- und Bündnisverteidigung umgestellt werden könnte.
Es braucht zeitnah ein GSVG und dann sofort folgend konkrete Umsetzungsschritte, wie etwa der Erhalt von Krankenhäusern in der Fläche als Sicherheitsvorsorge und Versorgungsanker und die Berücksichtigung dieser Sicherheitsvorsorge und der zivilen Verteidigung im gesundheitlichen Bevölkerungsschutz bei allen aktuellen und zukünftigen Gesetzesvorhaben. 2029 ist nicht mehr weit!
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