Wenn es zu einem Notfall oder einer gefährlichen Situation kommt, ist es extrem wichtig, Menschen im Umkreis des Geschehens möglichst schnell darüber zu informieren. Dafür gibt es mittlerweile einige technische Möglichkeiten, den sogenannten Warnmittelmix. Welche Warnmittel in Deutschland Verwendung finden, welche Eigenschaften sie jeweils haben und wie sie technisch funktionieren, wird in diesem Artikel näher betrachtet.
Es ist mathematisch einfach einzusehen: Je mehr Warnmittel im Ernstfall eingesetzt werden, umso wahrscheinlicher wird eine größere Zahl an Menschen eine Warnung empfangen. Allerdings wäre es etwas kurz gegriffen, an dieser Stelle schon einen Punkt zu setzen – der größte Vorteil des Warnmittelmixes besteht nämlich in der Verschiedenheit der genutzten Kommunikationskanäle.
Modulares Warnsystem MoWaS
Alle vom Bund offiziell bestätigten Warnmittel, die im weiteren Verlauf betrachtet werden, sind mit dem sogenannten Modularen Warnsystem (MoWaS) verbunden. Dieses ermöglicht es, per Knopfdruck alle Warnmultiplikatoren (Behörden, Organisationen und Unternehmen, die Warnmittel betreiben) zu erreichen und so die Warnung auf allen verfügbaren Kanälen auszusenden. Über das gesamte Bundesgebiet verteilt existieren Sende- und Empfangsstationen, um dies sicherzustellen. So wurden beispielsweise im Jahr 2024 Angaben des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) zufolge 1.849 Meldungen für die Warnbereiche Feuer, Infrastruktur, Öffentliche Sicherheit, Wetterereignisse und CBRN-Gefahren versendet. Dies geschieht in der Regel über eine Satellitenverbindung, die für den Bedarf zusätzlich über Kabelverbindungen abgesichert ist.
Welche Warnmittel gehören zum MoWaS?
Es gibt eine ganze Handvoll an Warnmitteln, die allesamt zum Modularen Warnsystem gehören. An erster Stelle sind Sirenen zu nennen, die von den Kommunen beschafft, installiert, betrieben und gewartet werden. Sie können zwei Heultöne erzeugen: Ein einminütiger abwechselnd auf- und abschwellender Ton bedeutet eine Warnung, ein über eine Minute lang gleichbleibender Ton die entsprechende Entwarnung. Dieses Warnmittel erfüllt wegen der Lautstärke vor allem einen Weckeffekt und weist schlichtweg auf die Existenz eines Problems hin. Inhaltlich können sie ansonsten keine Informationen übermitteln.
Für diesen Zweck können – gegebenenfalls im Anschluss an das Vernehmen eines Sirenentons – verschiedene andere Warnmittel benutzt werden. Allgemein sind alle überregionalen und landesweiten Radiosender und viele Lokalradios mit dem MoWaS verbunden. Dies gilt auch für die Fernsehvollprogramme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und der privaten Anbieter.
So wie Warnungen über Radio und Fernsehen zufällig Menschen erreichen können, ist dies auch bei digitalen Stadtinformationstafeln der Fall, die regional und einzelfallbezogene Informationen zur Bevölkerungswarnung rein visuell verbreiten. Ähnlich verhält es sich bei dem Warnmittel der Fahrgastinformationssysteme: Hier werden Reisende der verschiedenen Verkehrsanbieter ebenfalls regional und überregional über Notsituationen informiert. In besonders bevölkerungsreichen Städten wie Berlin, München und Köln sind sogar digitale Taxi-Dach-Werbeflächen des Betreibers UZE Mobility mit dem MoWaS verbunden.
Am informationsreichsten sind die beiden folgenden Warnmittel: Zum einen unterhält das BBK die Website www.warnung.bund.de, auf der alle Warnmeldungen des MoWaS nachgelesen werden können. Nutzer können hier außerdem einen RSS-Feed abonnieren, um per Push-Benachrichtigung für selbst ausgewählte Regionen und Orte über Notsituationen informiert zu werden. Einen ähnlichen Dienst leisten Warn-Apps wie KATWARN und BIWAPP für Smartphones und mobile Endgeräte.
Die Warnapp NINA (Nofall-Informations- und Nachrichten-App) vom BBK ist beispielsweise in der Lage, Warnmeldungen des Bevölkerungsschutzes für verschiedene Gefahrenlagen sowie Wetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes und Hochwasserinformationen der Bundesländer zu verbreiten. Neben der reinen Warnung enthält die App aber auch Notfalltipps, wie sich die Bevölkerung auf bestimmte Notlagen vorbereiten kann, um in einer Gefahrensituation schnell und richtig zu reagieren. Auf diese Weise erfolgt neben der Warnung auch ein Lernprozess zum zivilen Bevölkerungsschutz.
Cell Broadcast – Ein besonderes Warnmittel
Das Cell-Broadcast-System ermöglicht in Deutschland seit gut zwei Jahren das Versenden von Text-Warnungen direkt auf eingeschaltete und im Netz befindliche Smartphones bei gleichzeitigen akustischen und haptischen Effekten, um möglichst viel Aufmerksamkeit zu generieren. Die Besonderheit liegt darin, dass keine Installation einer App oder ähnlichem notwendig ist, da die Warnung über die Funkzelle verbreitet wird, in die sich ein bestimmtes Gerät (bei ausgeschaltetem Flugmodus) zuvor automatisch eingewählt hat. Alle in Deutschland tätigen Mobilfunknetzbetreiber sind dazu verpflichtet, diese Technik für ihre Infrastuktur einzurichten und zu unterstützen.
Durch die Automatisierung dieses Warnkanals kann Cell Broadcast als besonders barrierearme Methode der Warnung bezeichnet werden. Außerdem werden beim anonymen Versenden keine personenbezogenen Daten erhoben, sodass keine Datenschutzprobleme aufkommen könnten.
Allerdings hat das Cell Broadcasting auch seine Schwachstellen: Zum einen können ältere Mobilfunkgeräte die Nachrichten nicht empfangen – es wird bei Android-Geräten mindestens Version 11 und bei iOS-Betriebssystemen wenigstens Version 16.1 benötigt. Des Weiteren sind die rein textbasierten Nachrichten auf 500 Zeichen begrenzt, sodass eine inhaltliche Ergänzung durch andere Warnmittel sinnvoll erscheint. Zuletzt können nach einer Warnung bislang noch keine Entwarnungen über Cell Broadcasting verbreitet werden, woran allerdings momentan gearbeitet werden soll.
Bevölkerungswarnung und Resilienz
Eins steht fest: Bevölkerungswarnsysteme müssen auch bei handfesten Krisen funktionsfähig sein und ihren Zweck erfüllen, nämlich möglichst alle Menschen von einer Gefahr in Kenntnis zu setzen. Um an diesem Ziel fortlaufend zu arbeiten, findet jedes Jahr am zweiten Donnerstag im September gegen 11 Uhr vormittags der Bundesweite Warntag statt.
Zu diesem Zeitpunkt werden über alle MoWaS-Systeme Warntexte ausgesendet und geprüft, ob diese die Bevölkerung im Alltag erreichen. Der gemeinsame Aktionstag von Bund, Ländern und Kommunen wird vom BBK auf Bundesebene, den Innenministerien der Länder und den kommunalen Katastrophenschutzbehörden organisiert und durchgeführt. Einige Länder veranstalten zusätzlich sogar landesweite Warntage.
Zuletzt dient jeder Warntag auch dazu, die Bürgerinnen und Bürger auf das Thema der Bevölkerungswarnung aufmerksam zu machen und dazugehöriges Wissen zu vermitteln. Denn ein funktionierendes und allumfängliches Warnsystem in Verbindung mit einer gut informierten Bevölkerung liefert eine verlässliche Grundlage für die Resilienz des Landes und der Zivilgesellschaft.