Behelfsbrücken – Eine unentbehrliche Leistung in Krisensituationen

Den deutschen Katastrophenschutzorganisationen und den ehrenamtlichen Helfern fehlt es an wichtigen Hilfsmitteln: Behelfsbrücken, auch Hilfs- oder Notbrücken genannt, werden in vielen Bereichen verwendet. Während solche Gerätschaften im Kontext der Bundeswehr vor allem zur Sicherstellung der Mobilität militärischer Kräfte im Gelände relevant sind, dienen sie im zivilen Sektor der vorübergehenden Errichtung von Übergängen im Fall von Naturkatastrophen oder anderen Beschädigungen von festen Brücken.

Der THW-Ortsverband Freising während der Errichtung einer Bailey-Behelfsbrücke.
Der THW-Ortsverband Freising während der Errichtung einer Bailey-Behelfsbrücke.

Deutschland unterhält mehrere Brückenlager, die die Gerätschaften im Katastrophenfall austeilen und verleihen. Je nach Einsatzbereich werden verschiedene Brückenarten unterschieden: Im Eisenbahnsektor werden insbesondere Schaper-Krupp-Reichsbahnbrücken (kurz SKR-Brücken) verwendet und von der DB Bahnbau Gruppe verwaltet. Im Folgenden liegt der Fokus auf Behelfsbrücken für den Straßenverkehr, deren Errichtung vorrangig durch ehrenamtliche Kräfte des THW vorgenommen wird.

Behelfsbrücken im Straßenbausektor: Bailey-Brücke und D-Brücke

Für den Straßenbau dominieren im Einsatz des Technischen Hilfswerks vor allem zwei Typen von Behelfsbrücken: Die Bailey-Brücke, benannt nach Donald C. Bailey, einem britischen Armeeangestellten zur Zeit des Zweiten Weltkriegs, wird seit 1944 gebaut und ist insbesondere für von Hochwasser betroffenen Gebiete geeignet. Der Aufbau dieses Behelfsbrückensystems ist bei einer ausreichend großen Zahl an Helfenden rein von Hand möglich, da das schwerste der Stahlfachwerksegmente bei einer Systembreite von 5,50 Metern lediglich circa 273 Kilogramm wiegt.

Aufgrund der geringen Anzahl von Bauteilen sind verschiedene Bauweisen der Bailey-Brücke umsetzbar, die sich anhand der Zahl der eingebauten Wände und Stockwerke der Behelfsbrücke unterscheiden – jede Kombinationsmöglichkeit von einer bis drei Wänden bzw. einem bis drei Stöcken ist auf einer maximalen Stützweite von 58 Metern je nach Bedarf und Gegebenheiten vor Ort möglich.

Neben der Bailey-Brücke wird außerdem das System der D-Brücke verwendet, welches ebenfalls für die Errichtung von Behelfsbrücken in Hochwassergebieten geeignet ist. D-Brücken gleichen Bailey-Brücken daneben auch in der Montage mithilfe von stählernen vorgefertigten Einzelteilen, die prinzipiell von Hand zusammengesetzt werden können. Der Ausbau von D-Brücken ist ein- oder zweispurig mit Holz-, Stahl- und Flachfahrbahnen und der Option eines Fußgängerweges am Rand möglich. Einspurige D-Brücken können bei einer Spurweite von 3,5 Metern maximal 67,1 Meter lang sein und eine Belastung von 30 Tonnen tragen; bei zwei Spuren können höchstens 51,85 Meter überbrückt und 45 Tonnen Belastung getragen werden.

Auch wenn die D-Brücke vorrangig als Behelfsbrücke verwendet wird, ist sie aufgrund der Konstruktion und Berechnung nach den deutschen Vorschriften für stählerne Brücken (DIN-Norm 1076) auch für den dauerhaften Einsatz geeignet, wofür sie allerdings in regelmäßigen Abständen überprüft und gewartet werden muss.

Einsetzen der Behelfsbrücken mithilfe des Taktschiebeverfahrens

Sowohl D-Brücken als auch Bailey-Brücken werden zunächst auf einer möglichst steigungsfreien Fläche vor dem zu überwindenden Graben vormontiert und erst anschließend in die richtige Position gebracht. Dies geschieht mithilfe des sogenannten Taktschiebeverfahrens.

Der Vorbauschnabel (hier blau eingefärbt) trifft vor den eigentlichen Brückenteilen auf die tragenden Balken und vermindert so deren Auskragung.
Der Vorbauschnabel (hier blau eingefärbt) trifft vor den eigentlichen Brückenteilen auf die tragenden Balken und vermindert so deren Auskragung.
Quelle: Störfix/wikicommons

Die vormontierte Behelfsbrücke wird also zunächst auf einer Rollenbahn neben dem Graben aufgebaut und dann Stück für Stück in Längsrichtung über den Graben in die endgültige Position geschoben. Dieser Prozess wird durch einen sogenannten Vorbauschnabel unterstützt: Der Vorbauschnabel dient dabei insbesondere dem Kräfteausgleich, da er leichter als die Brückenteile ist und somit die Last, die auf die Brückenpfeiler wirkt, reduziert.

Das THW und die Fachgruppe Brückenbau (FGr BrB)

Die Fachgruppe Brückenbau (FGr BrB) des Technischen Hilfswerkes ist Teil des Technischen Zuges des THW. Über das gesamte Bundesgebiet verteilt finden sich 16 Fachgruppen, die für die Montage von Behelfsbrücken ausgebildet sind. Die Mitglieder dieser Fachgruppen sichern zerstörte Brückenteile, die in der Folge von Naturkatastrophen logistische Infrastrukturen und zivile Verkehrsverbindungen behindern, und errichten temporäre und längerfristig einsetzbare Behelfsbrücken – in ehrenamtlichem Engagement. Jede Fachgruppe ist in der Lage sowohl D-Brücken- als auch Bailey-Brücken-Systeme zu errichten und besteht aus einem Gruppenführer, drei Truppführern und vierzehn Helfenden. Um in einer Fachgruppe Brückenbau des THW mithelfen zu können, sind Kenntnisse in Vermessungstechnik, Stahlbau, Gerüstbau, Betonbau und Bauingenieurwesen sinnvoll.

Die Flut im Ahrtal – eine beispiellose Ausnahmesituation

Die Flutkatastrophe, die sich 2021 im Ahrtal ereignete, beschädigte circa 100 Brücken. Um die Infrastruktur im Krisengebiet zügig wiederherzustellen, wurden durch das THW in enger Zusammenarbeit mit der Bundeswehr, die verschüttete Flussbette mit Panzern räumte, über 30 Behelfsbrücken für Fußgänger, Kraftfahrzeuge und Bahnen errichtet. Schon wenige Tage nach der Flut konnte so auf unbürokratischen Wegen die Landgrafenbrücke in Bad Neuenahr gesichert und der Verkehrsweg mithilfe einer D-Brücke nach sieben Arbeitstagen notdürftig durch 80 Arbeitskräfte wiederhergestellt werden.

Die als Behelf errichtete Landgrafenbrücke in Bad Neuenahr am Tag der Fertigstellung.
Die als Behelf errichtete Landgrafenbrücke in Bad Neuenahr am Tag der Fertigstellung.
Quelle: SWR

Nicht nur aufgrund der Kurzfristigkeit stellt die Landgrafenbrücke eine Besonderheit dar: Sie ist mit knapp 52 Metern bis zu diesem Zeitpunkt die längste durch das THW errichtete Behelfsbrücke. Da erst im November 2024 der Spatenstich für die neue Landgrafenbrücke gesetzt wurde und diese planmäßig bis Ende 2025 fertiggestellt werden soll, wird der Rückbau der Behelfsbrücke voraussichtlich im Frühjahr 2026 vollzogen werden – dieses Behelfsbauwerk wird bis dahin also etwa viereinhalb Jahre seinen Dienst für die Aufrechterhaltung der Infrastruktur im Ahrtal geleistet haben.

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KatastrophenhilfeTechnikTHW
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