VeRa – Bayern bekräftigt Nutzen und Sicherheit des Palantir-Programms

Gestern verkündete Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, dass VeRa, das verfahrenübergreifende Recherche- und Analysesystem, vor allem in bewegten Zeiten ein sinnvoller Baustein für die polizeiliche Arbeit sei, um Straftaten frühzeitig zu erkennen und zu verhindern. Ermittler könnten mithilfe von VeRa auf große Datensätze verschiedener polizeilicher Quellen zugreifen und damit Verbindungen erkennen, die ansonsten per Hand ausgewertet werden müssten. Trotz der Vorteile, von denen die Bayerische Polizei und das Bayerische Landeskriminalamt durch VeRa profitieren, ist unklar, ob es in der näheren Zukunft zur Umsetzung einer Bundes-VeRa kommen wird. Dieser Artikel liefert einen Überblick über fast neun Jahre politischer Diskussion.

Die Diskussion um VeRa, das verfahrenübergreifende Recherche- und Analysesystem, spiegelt den gesellschaftlichen Diskurs um die Abwägung von Sicherheit und Freiheit wider
Die Diskussion um VeRa, das verfahrenübergreifende Recherche- und Analysesystem, spiegelt den gesellschaftlichen Diskurs um die Abwägung von Sicherheit und Freiheit wider
Bild: Freepik.com / jannoon028

Rückblick

Vor dem Hintergrund der sich weltweit verändernden Sicherheitslage beschloss die Innenministerkonferenz im Herbst 2016 die sogenannte ‚Saarbrücker Agenda‘, um den Herausforderungen der Sicherheitsbehörden entgegenzukommen und die Innere Sicherheit des Staates zu gewährleisten. Die Welt sei zunehmend digital vernetzt, was neben gesellschaftlichen Chancen aber auch die Möglichkeiten der Kriminalität verändere. So sollte die Saarbrücker Agenda die Modernisierung und Vereinheitlichung der polizeilichen IT-Architektur anstreben, damit polizeiliche Informationen mithilfe einer bundesweiten VeRa (Bundes-VeRa) leichter zwischen den entsprechenden Behörden des Bundes und der Länder ausgetauscht werden können.

Die Einigung der Innenministerkonferenz zur Umsetzung einer Bundes-VeRa sollte vom Bundesinnenministerium (BMI) als Programm „Polizei 20/20“ (oder kurz P20) umgesetzt werden. Um eine geeignete informationstechnische Infrastruktur zu finden, schrieb das Bayerische Landeskriminalamt (BLKA) das Vorhaben europaweit aus. Einzig das Programm des US-amerikanischen Anbieters Palantir Technologies GmbH habe alle Kriterien und Ansprüche dieser Ausschreibung erfüllt. So kam es 2022 zur Unterzeichnung eines Rahmenvertrages zwischen dem Freistaat Bayern und der Firma Palantir, dem auch die anderen Bundesländer und der Bund ohne weitere Verhandlungen beitreten könnten. Dieser Rahmenvertrag ist zunächst bis April 2027 gültig und kann vom Freistaat im Anschluss viermal um jeweils ein Jahr verlängert werden.

So weit ist es danach aber nicht gekommen: Im Juli 2023 untersagte die damalige Bundesinnenministerin Nancy Faeser der Bundespolizei und dem Bundeskriminalamt die Nutzung einer Bundes-VeRa. Stattdessen solle ein eigenes polizeiliches Analysetool entwickelt werden. Kritische Stimmen ließen hierzu verlauten, dass dies deutlich mehr Zeit und Geld kosten würde, während die Polizeien zugleich in der Zwischenzeit über keinen adäquaten Ersatz verfügen würden, was schlussendlich der Inneren Sicherheit schaden würde.

Daraufhin legte die CDU/CSU-Fraktion im November 2023 einen Antrag im Bundestag vor mit der Aufforderung, die Entscheidung gegen die Bundes-VeRa zu revidieren und die Zugangsvoraussetzungen zu schaffen, damit die Länder auf die bereits bestehende VeRa-Software ohne erhebliche Mehrkosten zugreifen könnten. Auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) reagierte zuvor mit Unverständnis und Kritik auf die Entscheidung der Bundesinnenministerin:

Mit ihrer Entscheidung setzt sich Frau Faeser nicht nur über das Votum der gesamten Fachlichkeit hinweg, da sich alle 16 Bundesländer im Verwaltungsrat des Polizei-IT-Fonds, dem das BMI vorsitzt, für die dringliche Notwendigkeit der Einführung von VeRA ausgesprochen hatten. Sie ignoriert auch die Ziele der 2016 durch die Innenministerkonferenz beschlossenen „Saarbrücker Agenda“, deren Kernelement die Schaffung einer gemeinsamen und modernen, einheitlichen Informationsarchitektur der deutschen Polizei ist. Vor allem bei der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität und des Terrorismus, aber auch bei Ermittlungen im Deliktsfeld von Darstellungen sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche oder des sexuellen Missbrauchs von Kindern sind die Ermittlerinnen und Ermittler auf das schnelle Erkennen von Tat- und Täterzusammenhängen angewiesen. Die Entscheidung von Frau Faeser wirft die Auswerte- und Analysefähigkeit der Polizei um Jahre zurück,

sagte der BDK-Bundesvorsitzende Dirk Peglow im Juli 2023.

Bayern setzt sich für bundesweiten Einsatz von VeRa ein

Eine aktuelle Pressemitteilung des Bayerischen Innenministeriums vom 21. April 2025 könnte nun die Diskussion rund um VeRa und eine potenzielle Bundes-VeRa wieder in Fahrt bringen. So äußert sich Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, in dessen Bundesland VeRa schon als Werkzeug im Kampf gegen Terror und Schwerstkriminalität verwendet wird, als äußerst zufrieden: „Aufgrund der aktuellen Sicherheitslage in Deutschland und Europa ist das moderne Verfahrensübergreifende Recherche- und Analysesystem‘ (VeRA) für die Arbeit der Bayerischen Polizei und für die Sicherheit unserer bayerischen Bevölkerung absolut sinnvoll und notwendig.“

Mit VeRa könne die Bayerische Polizei laut Innenminister Herrmann in Rekordzeit Informationen aus verschiedenen eigenen Datenbanken effizient verknüpfen und auswerten, sodass sich die Reaktionszeit und Präzision in laufenden Ermittlungen nahezu optimieren lasse. Trotz des Lobes äußert Herrmann mit einer gewissen Kritik zwischen den Zeilen aber auch, dass die Verwendung der amerikanischen Software nur eine Übergangslösung wäre:

Angesichts der vielfältigen Gefahren für die Sicherheit wollen wir auf den Einsatz dieser Technik nicht noch Jahre warten. Unser Ziel bleibt freilich eine in Europa entwickelte Software.

Im Februar 2023 urteilte das Bundesverfassungsgericht über die damals bestehenden Regelungen der Länder Hessen und Hamburg: Aufgrund von Datenschutz und Persönlichkeitsrechten sei die Nutzung von Palantir dort verfassungswidrig gewesen. Damit Palantir in Bayern ohne Verfassungsprobleme zur Straftatverhütung eingesetzt werden könne, wurden mit der letzten Novelle des Polizei- und Aufgabengesetzes die notwendigen rechtlichen Grundlagen dazu geschaffen.

Das Bayerische Innenministerium betont, dass bei der Anwendung der Palantir-Software dennoch Datenschutz und Datensicherheit gewährleistet seien. Dies sei schon vor der Einführung des Programms unabhängig durch das deutsche Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie (SIT) bestätigt worden. Die Befürchtung, dass deutsche Polizeidaten durch den Software-Hersteller Palantir Technologies GmbH in die USA weitergeleitet werden könnten, konnte durch unabhängige Prüfungen des Quellcodes bislang widerlegt werden. Es sei weder physisch noch technisch die Möglichkeit vorhanden, unbefugt und von außen auf die VeRa-Plattform zuzugreifen, da die Software nur von ausgewählten Spezialisten der Bayerischen Polizei und dem Bayerischen Landeskriminalamt eingesetzt werden würde. Außerdem könnten mit VeRa nur auf interne Datensystem der Bayerischen Polizei zugegriffen werden.

Aussicht

Innenminister Herrmann könnte mit seinen aktuellen Äußerungen den Diskurs um die Bundes-VeRa wieder ankurbeln:

Ich setze mich auch nach wie vor dafür ein, dass VeRA bundesweit genutzt werden kann, um eine einheitliche und effektive Sicherheitsinfrastruktur zu schaf­fen. Darüber hinaus sollte der Bund bestehende Regelungslücken in der Strafprozessordnung schließen und eine gesetzliche Grundlage für den repressiven Einsatz von VeRa zur Verfolgung von Straftaten schaffen.

Es bleibt also zu beobachten, wie sich die künftige Bundesregierung hierzu positionieren wird und wie sie in Zukunft mit diesem Thema umgehen wird.

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