Am heutigen Morgen startete am Flughafen Leipzig/Halle ein Flugzeug nach Kabul: An Bord waren 81 Männer afghanischer Herkunft, die allesamt in Deutschland strafrechtlich in Erscheinung getreten waren. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt bezeichnet sie als „vollziehbar ausreisepflichtig“. Es handelt sich um den zweiten Abschiebeflug seit der Machtübernahme der Taliban im August 2021.
Die Rückführungsmaßnahme erfolgte unter Zuhilfenahme der strategischen Sicherheitspartnerschaft mit dem Emirat Katar. Mit dem Abschiebeflug setzt die neue Bundesregierung eine Vereinbarung des Koalitionsvertrags um. Dieser sieht vor, dass Abschiebungen auch nach Afghanistan durchgeführt werden, beginnend mit Straftätern und Gefährdern.
Zu den begangenen Straftaten zählen neben Sexualstraftaten, Mord und Totschlagsdelikten auch schwerere Körperverletzungs- und Eigentumsdelikte. Zudem befanden sich Straftäter aus dem Bereich der Betäubungsmittelkriminalität auf dem heutigen Flug nach Kabul. Gegen die abgeschobenen Personen wird ein Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen.
Einigkeit zwischen Bund und Ländern
Auf der vergangenen Innenministerkonferenz in Bremerhaven im Juni haben sich alle Innenministerien der Länder dafür eingesetzt, dass Straftäter auch wieder nach Afghanistan und Syrien abgeschoben werden. Bund und Länder beweisen mit dem heutigen Abschiebeflug, dass sie in der Migrationspolitik an einem Strang ziehen.
Die Innenminister von Bayern (CSU) und Hessen (CDU) zeigen sich aktuellen Pressemitteilungen zufolge mit dem Vorgehen von Bundesinnenminister Dobrindt zufrieden, denn er setze im Gegensatz zur Ampelregierung schon nach kurzer Zeit konkrete Maßnahmen für eine neue Migrationspolitik um. Dazu gehören unter anderem auch mehr Grenzkontrollen, die Erweiterung der Liste sicherer Herkunftsstaaten und das Aussetzen des Familiennachzugs sowie zuletzt Gespräche zu Afghanistan, welche dem heutigen Abschiebeflug vorangegangen waren.
Der hessische Innenminister Roman Poseck sagt in diesem Zusammenhang: „Menschen, die in unserem Land Schutz suchen, müssen unsere Gesetze achten und die grundlegenden Werte unseres Zusammenlebens respektieren. Wer Straftaten begeht, stellt diese Werte in Frage, missachtet unseren Rechtsstaat und verliert den Anspruch auf Schutz. Straftäter müssen unser Land verlassen.“
Abschiebungen nach Afghanistan – Ein Fall von Menschenrechtsverletzung?
Auf der Seite des Auswärtigen Amtes wird erklärt, dass die deutsche Bundesregierung die De-facto-Regierung der Taliban „politisch nicht als legitime Regierung Afghanistans“ anerkennt und die deutsche Botschaft in Kabul seit dem 15. August 2021 geschlossen ist.
Umstritten sind Abschiebungen nach Afghanistan darüber hinaus bei Menschenrechtsorganisationen, da in diesem Land Menschenrechtsverletzungen drohen und die Rechtsstaatlichkeit seit der Machtübernahme der Taliban nicht sichergestellt ist. Sowohl das Deutsche Institut für Menschenrechte, die Menschenrechtsorganisation PRO ASYL als auch der Sächsische Flüchtlingsrat bezeichnen Abschiebungen nach Afghanistan als unvereinbar mit der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie mit dem deutschen Grundgesetz. Mit den Taliban, gegen die Haftbefehle des Internationalen Strafgerichtshofs vorliegen, dürfe keine Kooperation erfolgen.
Zeichen für eine schärfere Migrationspolitik in Europa
Es handelt sich sicherlich um keinen Zufall, dass der heutige Abschiebeflug genau an dem Tag eines öffentlichkeitswirksamen Migrationsgipfels stattfindet, den Bundesinnenminister Dobrindt mit Vertretern aus Dänemark, Polen, Tschechien, Österreich und Frankreich auf der Zugspitze, Deutschlands höchstem Berg, abhält. Neben der Abschiebung von Straftätern steht auch das Thema der Grenzkontrollen und der Zurückweisungen an deutschen Außengrenzen auf der Agenda, was bei den Nachbarstaaten bisweilen für Kritik sorgt.
Deutlich zugewandter äußert sich der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke, zum Asyl-Gipfel auf der Zugspitze:
„Endlich geht der Bundesinnenminister eine europäische Lösung der Migrationssituation und Grenzkontrollen an. Unsere extreme Einsatzbelastung und Überstunden müssen endlich politisch gelöst werden. Hoffentlich entscheiden sich die europäischen Innenminister für eine sofortige Stärkung von Frontex und Europol, dem Abbau von Datenschutzhürden und einem massiven Aufrüsten an der europäischen Außengrenze. Wir erwarten, dass die EU alle Kosten trägt und unserer Polizei alle Kosten erstattet.“
Die Ergebnisse des Gipfels auf dem Gipfel bleiben bislang abzuwarten, doch eines wird immer deutlicher: Der Ton wird schärfer und die Bedürfnislagen werden auf allen Seiten klar kommuniziert.
Mit WhatsApp immer auf dem neuesten Stand bleiben!
Abonnieren Sie unseren WhatsApp-Kanal, um die Neuigkeiten direkt auf Ihr Handy zu erhalten. Einfach den QR-Code auf Ihrem Smartphone einscannen oder – sollten Sie hier bereits mit Ihrem Mobile lesen – diesem Link folgen:
